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15. Spiritualität als Ressource

Lektion 16

Hallo!

Man kann sehr unterschiedlicher Meinung sein, was Nahtoderfahrungen angeht. Egal, was Du darüber denkst: bei allen Fällen, die untersucht wurden, hat sich nach einer solchen Erfahrung eine grundlegende Änderung ihres Lebens und ihrer Einstellung zum Leben ergeben. Die Angst vor dem Tod verschwand teilweise und die Untersuchten konnten mit Problemen und Belastungen besser umgehen. Nicht alle, aber viele wurden religiös und integrierten eine Form der Spiritualität in ihr Leben.  

Wie kann Spiritualität nun unser Leben bereichern?

Spiritualität fördert Selbstakzeptanz und Selbstentfaltung

Der christliche Glaube will den Menschen nicht klein machen. Es ist doch nicht umsonst so, dass zunächst die Sklaven dem christlichen Glauben folgten. Meinst Du, die hätten das gemacht, weil sie sich noch schlechter fühlen wollten? Nein, die fühlten ihren neuen Wert, sie fühlten, dass Gott ihnen eine Würde und Kraft gegeben hat und dass sie frei waren, auch wenn sie Sklaven waren.
Der christliche Glaube sieht jeden Menschen als etwas Besonderes, Auserwähltes und Königliches, jedem Getauften wird priesterliche Würde zugestanden. Nicht umsonst ist der Begriff der Personenwürde, der in unserem Rechtssystem eine wichtige Rolle spielt, im Christentum entstanden. Und was immer Dir jemand sagt - auch innerhalb der Kirche: Du bist immer ein Königskind Gottes, egal was Du sagst oder machst.

Eine solche Erkenntnis und die Annahme dieser Überzeugung kann Dich stark machen und Dir, wie bei den Sklaven damals, Kraft geben auch in widrigen Situationen. Ein anderer Begriff ist der der Vergebung. Wir sind als Christen aufgefordert zu vergeben. Es geht hier nicht um eine moralische Forderung. Das würde auch nicht klappen - genauso wenig kann man jemandem sagen: Du musst jetzt lustig sein. Das sind Dinge, die man nicht auf Kommando tun kann. Es braucht Zeit, den rechten Augenblick, die Bereitschaft und vielleicht noch manches andere mehr.  

Aber wir wissen alle, dass nur Verzeihen uns befreit und die Beziehung zu anderen retten und erhalten kann. Der Glaube kann Dich dabei ermutigen, das Verzeihen nicht aus dem Blick zu verlieren. Die Kraft Gottes ist die Kraft des Verzeihens. 

Spiritualität vermittelt Achtsamkeit und Präsenz im Dasein

Spiritualität ist vor allem ein Tun. Gebete, Meditationen, Gottesdienste, Rituale, Prozessionen und Pilgerschaften sind Ausdruck unserer Spiritualität. In den letzten Jahren ist aus gutem Grund der Begriff der Achtsamkeit wichtig geworden - ganz unabhängig davon, ob jemand an Gott glaubt oder angibt, spirituell zu leben. Nirgendwo ist vermutlich Achtsamkeit so ausgeprägt und gelebt worden wie in den buddhistischen Klöstern. Von dort können wir viel lernen, auch viel über den eigenen christlichen Glauben.

Gerade im Zen-Buddhismus vermittelt Achtsamkeit auch Würde. Das vorsichtige Zusammenlegen der eigenen Kleidung nach dem Aufstehen, das Verneigen beim Eintreten in einen Raum, das geduldige Eingießen des Tees. Das alles ist nicht nur irgendwie langsam, es drückt mehr als das Würde und Präsenz aus. Achtsamkeit heißt nicht, einfach alles etwas langsamer zu machen, es heißt, die Dinge des Lebens bewusst wahrzunehmen, dabei selber sehr präsent zu sein und dem Tun eine besondere Würde zu geben. So wird durch Achtsamkeit jedes Tun zu einer Art Ritual - im besten Sinne.

Achtsamkeit verbindet Dich mit dem Augenblick und mit den Dingen um Dich herum. Außerdem entlastet es Dein Denken. Du kannst nicht grübeln und gleichzeitig achtsam eine Tasse Tee einschütten, das geht nicht.   Meditation wiederum ist etwas, dass Dich mit Deinem Inneren verbindet und Dich in Deinem Dasein präsent sein lässt. Die Stille, die Wahrnehmung des Atmens, das geduldige Vorüberziehenlassen Deiner Gedanken, das Aushalten seelischer Schmerzen, es hilft, bei Dir zu bleiben. Und es hilft, Dich nicht von physischem Wohlbefinden, von Äußerlichkeiten abhängig zu machen, sondern in das Bewusstsein zu wachsen, das alles Vergänglich ist. Wer in die Vergänglichkeit einwilligt, wenn Du aus dem Bewusstsein lebst, dass Dich dereinst alles einmal verlassen wird und dass Du einmal alles verlässt, bei dem kann das zwar zunächst ein ganz ungutes Gefühl hinterlassen. Wenn Du aber einwilligst in dieses Geschehen, aus dem es auf Erden keine Möglichkeit gibt auszusteigen, dann kannst Du Freiheit finden und einen unendlich größeren Genuss und vor allem eins: mit immer weniger Ängsten leben können.

Hier eine kleine Hinführung zum Thema Achtsamkeit, die uns sehr gut gefällt:

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Spiritualität schenkt Bezogenheit zur Schöpfung. Es ist zwar nicht bei jeder Spiritualität so, aber wir wünschen es Dir, dass Dich Deine Spiritualität zur Natur und zur Erfahrung der Natur führt. Gerade als Vorbereitung zur Meditation ist die vorurteilsfreie und unvoreingenommene Wahrnehmung der Natur eine ganz große Hilfe und schenkt eine Vertiefung der Meditationserfahrung. Vielleicht geht es Dir ähnlich, wie es vielen ergeht. Ein Spaziergang durch den Wald reinigt innerlich und man kann klarer einen Gedanken fassen.
Natürlich können wir im Wald, auf Feld und Wiesen Gott näher kommen - er ist uns natürlich immer nahe (wir sind ja Teil Gottes), aber wir nehmen ihn nicht immer als jemanden wahr, der nahe ist. Die Natur kann uns da eine große Hilfe sein. Sie hat eine große Präsenz und Wachheit und schenkt uns die Verbundenheit mit allem Lebendigen. So eingebunden zu sein, die Solidarität des Lebens zu spüren, das kann ein tiefer Trost und eine Erfahrung des Glücks sein. Du siehst, es wird mal wieder Zeit für einen Waldspaziergang!
 

Übung

Deine Aufgabe ist es, jetzt eine eigene spirituelle Übung für Dich zu finden, die Du in den nächsten Wochen täglich machen willst. Überlege, was Dich zur Ruhe kommen lässt, was Dich mit allem verbindet, was den inneren Frieden stärkt, das Gespür für Deinen Körper fördert, was Dir gut tut… Spiritualität soll Dir gut tun und dich weiterbringen.

Du kannst eine Meditation wählen, ein Gebet, ein kleines Ritual, bei dem Du eine Kerze anzündest, eine bestimmte Musik, ein Lied, das Du singst - Du bist frei. Wähle, was zu Dir passt und Dich innerlich öffnet.
Wenn Dir nichts einfällt, dann google doch mal nach spirituellen oder geistlichen Übungen, vielleicht kann Dir das eine Inspiration sein.  

Wir wünschen Dir eine gute Zeit  

Bruder David
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