Philosophie es Wartens

Valentins Welt: Philosophie des Wartens

Hallo, da bin ich wieder. Ich möchte mich bei Euch bedanken, dass Ihr mir so zahlreich geschrieben, geliked und an mich gedacht habt. Das war eine sehr schöne Erfahrung. Nun habe ich also hier meine eigene Rubrik als Klosterkatze: Valentins Welt, und ich bin schon ganz gespannt, was ich alles schreiben werde.
Ich habe zunächst einen Wunsch an Dich. Vielleicht hast du eine Frage oder ein Thema, dass Dich interessiert und zu dem ich etwas sagen soll, dann schreib es mir doch bitte. Ich weiß nämlich nicht ganz genau, was Dich interessiert und will keinen Blödsinn schreiben. Aber ich kann nicht versprechen zu jedem Thema etwas sagen zu können – ich bin auch nur eine Katze, ich meine: Kater.
Inzwischen habe ich mich gut eingewöhnt. Na gut, manchmal habe ich es noch etwas schwer mit meinen Mitkatzen oder die mit mir. Aber wir zanken uns schon deutlich weniger, echt! Wichtig ist, dass jeder seine Zeit hat, in der er gepflegt und gestreichelt wird, ganz exklusiv sozusagen. Und die haben wir jetzt alle inzwischen gefunden.
Ich muss zugeben, dass ich für mein Leben gerne fresse und auch schon mal das Futter der andere stibitze. Aber wenn die keinen Hunger haben… das kann doch dann nicht so schlimm sein, oder?
So, nun zum heutigen Thema: Philosophie des Wartens

Katze sein heißt warten können.

Das gehört ganz wesentlich zur Katzenlebensphilosophie dazu und wird uns auch in anderen Artikeln immer wieder begegnen. Katzen können warten – Menschen nicht. Wir sind es gewohnt zu warten und das Warten ist für uns auch keine verlorene Zeit, sondern ist Teil des Lebens. Wir warten auf das Fressen, auf das nächste Spiel, darauf, dass der Mensch heimkehrt, darauf, dass man Lust hat aufzustehen und umher zu gehen, wir warten auf den Morgen und den Abend, darauf, dass der schöne Platz am Fenster endlich frei wird.
Es ist gar nicht schlimm zu warten, wenn man das Warten versteht.
Warten heißt nämlich innerlich offen zu sein für das, was geschehen will. Ich bin da und bin gespannt, was die Zeit mir schenkt. Ich habe zwar bestimmte Wünsche – ich will beispielsweise den Platz am Fenster. Aber ich weiß nicht, wann und ob es geschehen wird. Ich bin einfach offen, spüre meinen Wunsch und erspüre dann die Konvergenz (ein Fremdwort, das ich vor kurzem aufgeschnappt habe) mit der Zeit. Es darf geschehen, aber es muss nicht geschehen.
Als Katze sitze ich einfach da – ich spüre die Zeit und erspüre das Ereignis zusammen mit meinem Wunsch. Es sind diese drei Stränge, die zusammenkommen müssen und das Ende des Wartens vollzieht sich.

Ein Katze wartet 80% ihres Lebens

Aber es kann auch sein, dass der Platz gar nicht mehr frei wird oder eine andere Katze sich setzt. Das ist ärgerlich, ohne Frage. Aber das Warten ist dennoch nicht sinnlos. Es ist gefühltes Katzenleben. Mein Katzenvater sagte immer: “Ein Katze wartet 80% ihres Lebens”, wenn dem so ist, dann können doch diese 80% nicht sinnlos sein? Ich finde, dass er Recht hat (er hatte eigentlich immer Recht, aber das lernt man erst später!).
Wer innerlich offen ist für das, was man sich erwünscht und für die Zeit – das sind ja die beiden Seiten des Wartens – der kann viel entdecken und vom Leben lernen.

Warten ist unproduktiv

Die Menschen stehen schon mal im Stau oder in einer Schlange und ärgern sich. Aber was gibt es da zu ärgern? Habe ich denn mehr Leben, wenn ich schon an der Kasse vorbei bin und den Stau hinter mir habe? Und was mache ich mit dem Stück Leben, das ich Warten nenne. Ist das weniger wertvoll, vertane Zeit – ist vertane Zeit nicht die Zeit, die ich nicht wertschätzen kann?
Ich kann mein Leben nur dann ganz auskosten, wenn ich jede Zeit liebe und ihr einen Wert zumessen kann.
Warten ist unproduktiv, es bezieht seinen Gewinn aus dem, was kommt und sich ereignen will. Dennoch ist diese Zeit für mich richtig wertvoll, gerade weil sie unproduktiv ist. Ich muss keine Maus fangen, mein Fell nicht säubern, ich muss nicht fressen und nicht saufen, nicht spielen und nicht schlafen. Es ist Zeit, die ich pur erfahre.

Leben als Wartezeit

Und noch ein Punkt: ist das Leben selber nicht ein reines Warten – auch das Katzenleben. Wenn man so will, dann warten wir auf das Ende. Vielleicht eine schreckliche Vorstellung. Zum Glück haben wir Katzen keine Vorstellung vom Tod, bevor er da ist. Und doch kennen auch wir den Zyklus des Werdens und Sterbens. Es muss nicht deprimierend sein, das Leben als ein Warten auf den Tod zu versehen – nicht, wenn man Warten nicht als etwas Mühevolles und Negatives versteht. Es zeigt nur, dass an allen Tagen unseres Daseins der Tod gegenwärtig ist und ein Teil unseres Daseins.
Wenn die Menschen beginnen das Warten als eine Kostbarkeit zu verstehen, dann kann das Leben einen tiefen Sinn und Erfüllung habe. Stell Dir vor, Du stehst an der Kasse, vor Dir 15 andere Kunden oder Du steckst in einem Stau – 12 km lang und Du spürst das Leben, das im Warten steckt, erlebst das Warten als wertvoll, kannst es sogar genießen. Das wäre doch wundervoll, oder?
Jede Warteschleife wäre purer Genuss.
Und genau das wünsche ich Dir.
Ich freue mich auf Deine Reaktionen und Deine Themen.

Dein Kater

Valentin

P.S.: Das auf dem Foto bin übrigens ich – ein hübscher Kater, nicht wahr? 😉

Valentin


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Kommentare

  • Hallo Valentin,

    ja, ein sehr hübscher Kater, und fast gar nicht eitel. 🙂

    Menschen warten übrigens auch ganz schön viel, oft viel zu viel. Dass sie endlich größer werden, dass sie erwachsen werden, dass endlich alles anders wird … statt zu leben.

    Aber das normale Warten ist auch ein schönes Thema.
    Eigentlich können wir uns die Ungeduld beim Warten prima abgewöhnen – es geht ja mit Ungeduld sowieso nicht schneller, man ärgert sich nur unnötig – vergeudete Energie und verdorbene Stimmung. Wozu also ärgern?

    Stattdessen ist jedes Warten eine geschenkte Gelegenheit, sich einmal kurz zu fragen, wie geht es mir eigentlich gerade?, einmal bewusst zu atmen, ein bisschen nachzudenken oder zu beten, oder schlicht gar nichts zu tun.
    Auch wenn man durch die Verzögerung in Zeitnot gerät – wenn man doch nichts ändern kann, man die Wartezeit trotzdem genauso gut einfach annehmen.

    Wir Menschen halten am Tag eh viel zu selten in unseren Geschäften inne, wirklich inne.

    * ichbineinekatzeichbineinekatze *
    (Oder ich werde eine.)

    Frohes Warten!

    • Hallo Heike, ja, eine Katze zu sein ist schon ziemlich cool. Ich liebe es zu warten, dazusitzen und zu warten, schauen, was passiert, wann es etwas zu fressen gibt, wann ich spielen kann, wann die blöde Fliege wieder vorbeifliegt. Kannst ja mal einen Antrag stellen Katze zu werden 😉 Gruß, Valentin

  • Da ich ein Mensch bin,fiele es mir leichter,mien Kat haette mir etwas gesagt,bevor Sie beschlossen hatte, sich einen Platz zum Sterben zu suchen.Im Nachhineinein deute ich Ihr Verhalten als Abschied.Mien Wuschel war hoechsten,s 19.2wei Tage bevor Sie nicht mehr kam,kam aus dem heiteren Himmel eine weisse(Ratte), Maus

  • Auf diesen David verzichte ich gerne.Hier ging,s um die Katz.Miene hatte Ferngeschaut und zwar von der Terasse zu uns,waehrend wir TV geschaut hatten.Staendig wechselnde Plaetze,unueblich.Komisches Fressverhalten.Ein Abschied wahrscheinlich den ich erst im Nachhinein erkenne.18 Jahre,viele sagen,oh das ist aber alt, für mich ist es niet schön

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