minimalistisch leben

Fastenzeit: minimalistisch leben

Karneval leben wir noch in Saus und Braus, feiern überschwänglich und ausgelassen, trinken viel Alkohol, machen die Nacht zum Tag – also: ich nicht, als waschechter Westfale fällt mir Karneval doch etwas schwer und in meinen Genen fehlt ein wenig das Verständnis für diese 5. Jahreszeit. Aber was solls: Leben und Leben lassen, oder so ähnlich, sagt doch der Rheinländer und da schließe ich mich als Westfale gerne an.
Bei der Fastenzeit kommen wir dann aber wieder zusammen.

Als Kind hieß es: Süßigkeiten verstecken und verzichten bis Ostern. Ich habe damals ehrlich gesagt nicht verstanden, warum ich das tun soll. Ich war weder zu dick noch hatte ich Süßigkeiten im Überfluss. Zum Glück haben es meine Eltern nicht ganz so genau genommen mit dem Fasten – außer an Aschermittwoch und Karfreitag.
Fasten hat doch sehr schnell einen moralischen Anstrich, um nicht zu sagen einen moralinsauren Anstrich.

Was ist Minimalismus?

Dabei gibt es längst eine Bewegung in Deutschland und vermutlich nicht nur hier, die sich den Verzicht ganz ohne göttliche Weisung auf ihre Fahnen geschrieben hat: der Minimalismus.
Dabei handelt es sich um das Bemühen um einen einfachen Lebensstil. Daher wurde auch manchmal das Akronym LOVOS – englisch Lifestyle of Voluntary Simplicity – oder LOHAS (‚Lifestyles of Health and Sustainability‘), das für einen Lebensstil bewussten und gezielten Konsumierens steht, benutzt.

Diese Bewegung hat eine sehr lange Tradition – Diogenes in seiner Tonne gehörte dazu, aber auch die Bettlerorden im Christentum und anderen Religionen. Franz von Assisi, der jahrelang selbst als – ich sage es mal – junger Schnösel vom reichlich vorhandenen Geld seiner Eltern gelebt hatte, erkannte, dass ihn das nicht glücklich macht, von einem Rausch in den anderen zu schliddern, und das in seinem Leben noch ganz andere Dinge wichtig werden sollen. Er legte alles ab – auch seine Kleider –  und lebte fortan in Lumpen. Für Eltern – egal wie viel Geld sie besitzen – gewiss nur schwer zu ertragen.
Im letzten Jahrhundert gehörte insbesondere Henry David Thoreau zu den Vertretern eines einfach und bewussteren Lebensstiles auch er wollte minimalistisch leben.

Eines seiner berühmtesten Zitate sagt deutlich aus, worum es Thoreau und der ganzen Minimalismus-Bewegung geht: “Ich ging in die Wälder, denn ich wollte wohlüberlegt leben; intensiv leben wollte ich. Das Mark des Lebens in mich aufsaugen, um alles auszurotten was nicht Leben war. Damit ich nicht in der Todesstunde inne würde, daß ich gar nicht gelebt hatte.”

Und da gäbe es einiges zu nennen, was wir fälschlicherweise für Leben halten.
Nicht nur unsere Kleidung und das Auto, auch unsere Wohlanständigkeit, unsere Arbeit, das Leben am Wochenende, dass einfach ultra gut werden muss, der oberflächliche Spaß und der mediale Terror, dem wir uns aussetzen, für manche die Playstation, unsere Überzeugungen und Meinungen, unsere tolle Wohnung und das Träumen vom Häuschen, von der erfüllenden Arbeit und dem familiären Glück. All das ist nicht schlecht, aber wenn wir es für Leben halten, für unser Leben, dann irren wir uns.

Das Mark des Lebens aufsaugen

In der Klosterregel steht, dass wir den täglichen Tod vor Augen haben sollen. Das klingt krass. Aber es geht nicht darum, ständig damit zu rechen: Oh, gleich könnte ich sterben. Es geht darum zu erkenne, wie leer so vieles ist, was wir tun, womit wir uns umgeben und was wir so unendlich wertschätzen. Es geht eben darum zu erkennen, was wirklich Leben bedeutet, das nackte Leben ohne Deko, ohne Puderzucker und Plüschsofa.
Wenn man Fastenzeit unter diesem Gesichtspunkt sieht, dann klingt das für mich schon ganz anders und viel attraktiver. Es geht nicht einfach darum zu verzichten, es geht auch nicht um Buße und Leiden und all das. Es geht darum, das Mark des Lebens in sich aufzusaugen und alles aus dem Leben auszuschließen, was nicht Leben ist. Klingt für meine Ohren ganz gut.

Einladung: minimalistisch leben

Wir Brüder möchten Dich einladen, diese nächsten Wochen zu einer Einübung in diesen Minimalismus zu nutzen. Jeden Sonntag stellen wir Dir eine Übung, wie Du mit weniger auskommen kannst, vor. Und die Übungen sind selber sehr minimalistisch angelegt: es geht nicht um die große Revolution im Leben, um die eine große Übung, die alles verändert. Ganz kleine Übungen, mit relativ wenig Aufwand haben wir ausgesucht.

Minimalistisch leben heißt nicht nur weniger materielle Dinge – auch weniger Gedanken und weniger Befürchtungen gehören zum Minimalismus, damit das Wesentliche sichtbar wird.
Und wenn uns das ein wenig gelänge – dann kann Ostern gefeiert werden.

Bruder David


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Kommentare

  • Wunderschönen Guten Morgen, :O)

    ich finde weniger ist mehr. Ich kenne einen kleinen Jungen der sehr viel an Geschenken bekommt und sich auch darüber freut. Doch noch mehr freut er sich wenn ich mich mit ihm beschäftige, spiele oder wir etwas zusammen machen.

    Ich entsorge bei mir im Wohnbereich auch in Kleiderschränken was mir nicht mehr so gut gefällt, ebenso bei Büchern und Cd und obwohl ich am Anfang immer Schwierigkeiten habe was wegzuwerfen. Wenn ich einmal angefangen habe, gehts ganz leicht und ich fühle mich echt befreit. Wie von einem Hinkelstein den man ablegt.

    Man braucht auch nicht soviel zum leben. Wichtig ist Gesundheit, essen und das man seine Existenz abgesichert hat und Freunde mit denen man alles teilen kann. Andere Sachen kann man auch machen ohne viel Geld auszugeben, Frühstück, Cafe, Kino gibts hier bei uns alles für Leute die nicht ganz soviel Geld haben alles auf Spendenbasis, Bauchtanz übrigens auch.

    Man kann auch mit weniger Geld z. B. Rechtsanwaltberatung erhalten. Es gibt Anwälte die haben einen Sprechtag wo sie an einem bestimmten Tag und Uhrzeit Leute kostenlos beraten. Es geht…Manchmal ist es mühsamer, aber man schafft es auch.

    Man erkennt das es wichtigere Dinge im Leben gibt, Gesundheit, Warmherzigkeit, Zufriedenheit, Liebe, Zusammenhalt auch in schwierigen Zeiten und das ist es was einen wirklich weiterbringt.

    Liebe Grüsse

    und einen guten Start in die neue Woche wünscht

    Corinna Stahr

    • Das sind viele schöne Beispiele, wie es sich minimalistisch leben lässt. Es ist zwar tatsächlich manchmal etwas mühsamer, aber es gibt viele Wege einfacher zu leben, weniger Geld auszugeben und weniger anzusammeln. Gruß und Dank, David

  • moin, in die runde , mal wieder alles klein schreiben…

    und nun der minimalistische vortsatz, bis ostern bei facebook nur lesen, nix teilen,nix kommentieren, analoge briefe schreiben, o.k., den cella post von heute kann ich heute nochmal teilen…

    dann, dinge tun, kleine dinge, bis ostern

    gruß raphael ohlms

    • Viel Erfolg und viel Freude dabei!!!! Und falls es mal nicht gelingen sollte: Freundlich mit sich umgehen! Gruß, Bruder David

  • Minimalistisch leben heißt für mich vor allem: Abstinenz von sozialen Netzwerken. Das Allzeit-bereit-sein kann einen ganz schön aussaugen…

  • Hallo,
    ich suche genau eine solche Übung für die Fastenzeit 2020. Kann ich diese Impulse auch jetzt noch beziehen?
    Danke für die Inspiration!
    Herzlich,
    Elisabeth

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