Welcher Psalm-Vers gefällt Dir besonders gut oder hat für Dich persönlich eine besondere Bedeutung?
Mein Lieblingsvers ist Psalm 139, 9-10:
„Nehme ich die Flügel des Morgenrots / und lasse mich nieder am äußersten Meer, auch dort wird deine Hand mich ergreifen und deine Rechte mich fassen.“
Wie würdest Du den Vers in Deiner eigenen Sprache formulieren und welche Bedeutung hat der Vers für Dich persönlich?
Eigentlich will ich ihn gar nicht in meiner eigenen Sprache formulieren. Der Inhalt würde dadurch nur verdünnt werden. Wenn ich es aber denn trotzdem müsste, würde ich vielleicht salopp übersetzen: „Egal, was ist, DU bist da!“
Ich habe diesen Vers als Jugendlicher auf einem Poster in einem Jugendbildungshaus der Kapuziner gesehen. Im Hintergrund auf dem Poster: ein wunderschönes Motiv von einem Mädchen am Meer. Und ich dachte nur: Wow, warum steht so etwas nicht in der Bibel? Am selben Tag nahm ich an der Vesper, also am Abendgebet der Ordensbrüder teil. Und siehe da: Genau dieser Vers taucht im Chorgebet der Mönche auf. Mich hätte es fast vom Stuhl gehauen. Seither komme ich nicht mehr von Psalm 139 los. Der gesamte Psalm erzählt im Grunde genommen davon, dass Gott einfach da ist. Egal, was passiert. Egal, was ist. Egal, wo ich bin oder was ich mache. Selbst, wenn ich vor ihm fliehe oder den totalen Bockmist bauen würde – er ist mir immer gleich nah.
In welcher Lebenssituation könnte man diesen Vers jemandem an die Hand geben?
Für mich ist dieser Psalm vor allem ein Trostgebet. Ich empfehle ihn allen, die sich von Gott verlassen fühlen. Die denken: Er hört mich ja sowieso nicht. Die sich schwertun, zu glauben. Oder die keinen Sinn mehr sehen in ihrem Leben.
Angenommen, der Vers wäre der Titel eines Filmes – wovon würde der Film handeln?
Von einem Mädchen mit Missbrauchserfahrung, das nicht mehr glauben kann, dass das Leben einen Sinn habe und dass es so etwas wie GOTT geben könne.
Der franziskanische Ordensmann und kath. Priester Christophorus Goedereis wurde am Rosenmontag 1965 im niedersächsischen Nordhorn geboren. Er trat nach dem Abitur in den Kapuzinerorden ein und studierte Philosophier und Theologie in Münster und Rom. Nach Abschluss des Studiums arbeitete Bruder Christophorus als Referent in der Erwachsenenbildung, als Kaplan und Jugendseelsorger, später als Pfarrer in Offenburg und Frankfurt. Von 2004 bis 2013 leitete er als Provinzial die Rheinisch-Westfälische, später die Deutsche Kapuzinerprovinz. Seit Anfang 2014 ist Br. Christophorus Kirchenrektor der Liebfrauenkirche und Leiter der Citypastoral an Liebfrauen.
bin am sonntag in Altötting beim gänswein über die MMC und Bischof Oster ein gebürtiger Amberger Grüsse Huebsch
Bei den Psalmen fällt mir immer „Wie köstlich ist deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben!“ aus Psalm 36 ein. Das war der Konfirmationsspruch, den sich eine Mitkonfirmandin ausgesucht hatte, und ich war ganz blass vor Neid über diesen so lyrischen Spruch 🙂 Übersetzen würde ich ihn mit meinen Worten: „Etwas Größeres, das von sich aus da ist, ohne dass ich etwas machen muss, kann mir Kraft und Trost geben.“