01/07/2017
Was ist Urlaub?

Was ist Urlaub?

Es ist Sommer, und auch wenn das derzeitige Wetter nicht dazu einlädt, ausgesprochen große Urlaubsgefühle entstehen zu lassen, wissen wir doch alle – oder fast alle – bald geht es los, die schöne Zeit des Urlaubs beginnt. Man hat geplant, Preise verglichen, Reisebüros aufgesucht und im Internet recherchiert. Das Ziel ist gefunden, der Flug gebucht, die Jeep-Tour durch die Wildnis auch, das Hotel (vier Sterne mit Swimmingpool, und abends all you can eat) ist fest reserviert. Oder soll es doch eine Städtetour werden, ein paar Tage Paris, Stadt der Liebe, das Louvre, der Eiffelturm, die Crêpes vor dem Centre Pompidou und der Wein im Quartier Latin?
Urlaub ist für viele die eigentliche Zeit, ein wenig wie das Wochenende. Man freut sich darauf, endlich ohne Verpflichtungen zu sein, endlich machen zu können, was man will. Lange morgens im Bett bleiben, auf dem Balkon frühstücken mitten in der Woche, sich die Kulturgüter des Landes anschauen, ein wenig zu schlendern und nicht zielgerichtet einkaufen müssen. Das ist Urlaub!

Was ist Urlaub?

Das ist Urlaub? Nein, das ist es nicht.
Ich weiß nicht, was es ist, aber Urlaub ist es nicht.
Urlaub ist nicht so zu leben wie in Downton Abbey, die sich morgens beim englischen Frühstück treffen, in Ruhe die Zeitung lesen, zum Lunch über den anstrengenden Tag klagen, der aus Spazierengehen und Besuchen bestand, am Nachmittag den Tee einnehmen und sich fein herrichten, wenn es abends zum Dinner geht – mitten in der Woche.

Urlaub muss doch mehr sein als so zu leben wie bei Hofe?
Urlaub darf doch nicht verkommen zu der “eigentlichen“ Zeit, wo man so lebt, wie man eigentlich immer leben möchte, könnte man es sich doch nur leisten.
Ach ja, so klagt man denn am Ende der Ferien “Da ist die schöne Zeit auch wieder vorbei!” und schaut sich bedeutungsschwer und innerlich zustimmend in die Augen. Jetzt beginnt wieder die harte Zeit, wo man sich selbst verliert und nur machen muss, was andere sagen, die Zeit voller Verpflichtungen.

Urlaub heißt Erlaubnis

Urlaub heißt Erlaubnis und schon die Rittersleute haben Urlaub eingereicht, das heißt, sie haben um Urlaub gebeten, also um die Erlaubnis ihren Rittersdienst beispielsweise einem Kreuzzug zur Verfügung zu stellen. In einer solchen Zeit konnten sie keine Abgaben leisten und brauchten daher von höherer Stelle den Urlaub, die Erlaubnis.

Urlaub ist aber auch das nicht, mal ganz abgesehen davon, dass vermutlich niemand auf die Idee kommen würde einen Kreuzzug als Urlaub zu bezeichnen noch den eigenen Urlaub dafür zu verwenden. Höchstens als Adventure-Trip.

Was kann Urlaub sein?
Ich mache Dir hier ein paar Vorschläge:

Urlaub ist die Zeit der Einkehr

Nein, nicht ins Wirtshaus und nicht in die Kneipe. Da kannst Du auch gerne hineingehen. Aber hier geht es um die innere Einkehr. Etwas ruhiger zu werden, nachzudenken ohne Stress, ohne, dass gleich ein Ergebnis gefordert wird, ohne gleich handeln zu müssen einfach einem Gedanken in Ruhe nachzugehen, auch abzuschweifen, andere Gedanken zuzulassen und auch zu träumen.

Urlaub ist die Zeit der Inspiration

Urlaub darf dich bereichern, darf Dir neue Ideen geben, neue Gedanken, neue Themen. Du gehst ins Museum und lässt dich von anderen Kulturen, Zeitaltern, Künstlern und Erfindern inspirieren. Geh nicht ins Museum, weil es dazu gehört, weil “man” es gesehen haben muss. Es gibt nichts, was man gesehen haben muss – nichts! Wenn es darum geht, dann geht es um Trophäen, darum sagen zu können: da war ich auch schon. Na und?
Geh nur ins Museum, wenn Du Dich inspirieren lassen möchtest, wenn Du offen bist für Irritation, für Verwirrung, für Überraschung. Alles andere ist Zeitverschwendung.

Urlaub ist Zeit für Kurskorrektur

Du brauchst Zeit, um Deinen Weg neu zu bedenken. Was war eigentlich alles im letzten Jahr los? Wohin hast Du Dich entwickelt? Bist Du zufrieden damit? Willst Du etwas ändern? Bist Du zufrieden mit deinem Leben?
Solche Fragen stellt man sich am besten in Ruhe, an einem schönen Ort, in Distanz zu dem, was wir Alltag nennen. Denn die Distanz hilft Dir, vieles aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

Urlaub ist die Zeit, den Kontakt zu sich zu stärken

Die Herausforderungen des Alltags, die Aufgaben und Pflichten, so viel Spaß sie uns auch machen, sie können uns von uns selber entfernen. Das gehört in gewisser Weise dazu, das kaufst Du mit dem Leben mit ein. Stress und Belastung sorgen stets dafür, dass wir uns ein wenig von uns entfernen. Und ein wenig ist auch nicht schlimm, schlimm wird es, wenn Du Dich gar nicht mehr findest oder spürst. Aber dann brauchst Du keinen Urlaub, das nennt sich dann Krankschreibung.
Spüre Deinen Gefühlen nach, das was in dir vorgeht. Frage Dich ein paar Mal am Tag, was Du gerade innerlich wahrnimmst? Was fühlst Du im Körper? Streiche mit Deinen Händen über den Sand des Strands und fühle den Sand. Oder stelle Dir einfach mal vor, wie es sich anfühlt, an einem heißen Tag mit einem Sprung ins Meer zu springen. Die Kühle, die Energie des Meeres, all das, was man mit dem Körper spüren kann. Das sind einfache Wege, wieder mehr Kontakt mit dir Selber aufzunehmen.

Urlaub ist die Zeit für spirituelle Erfahrung

Auch spirituelle Erfahrungen brauchen Ruhe und Zeit. Man kann sie nicht wie einen Lehrplan auf die Tagesordnung setzen und sich zwischen viertel vor Zwei und fünf vor zwei total spirituell fühlen und dann schnell ins Meeting gehen. Naja, vielleicht geht das schon, dann musst Du aber schon sehr geübt sein.
Nutze den Urlaub für Deine Seele, für dein spirituelles Geöffnetsein für das Große und Überragende, für das Geheimnis des Daseins. Erspüre die kleinen Funken Gottes in Deinem Erleben und nehme sie ernst. Schreibe sie auf, zähle sie, lächle, wenn Du sie spürst, sei dankbar dafür… was auch immer.

Urlaub kann so viel mehr sein als braun gebrannt zurück zu kommen, als alle historischen Stätten in Rom besucht zu haben, mehr als Radtouren mit 100 km täglich. Es kann eine Zeit sein, die nicht die eigentliche Zeit Deines Lebens ist, sondern die Deine ganze Zeit, die die eigentliche Zeit ist, befruchtet, weiter führt, erweckt und stärkt. Urlaub ist ein wenig wie Exerzitien oder wie ein Retreat.

Erhol Dich gut!

Und wenn es noch etwas dauert bis zum Urlaub: Bereite Dich gut vor.
Und wenn Du wenig Geld für den Urlaub hast? Völlig egal, wenn Du klar hast, worum es eigentlich geht: Dass Du besser leben kannst!

 

 

 

 

 

Bruder David


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Kommentare

  • Danke für den tollen Artikel!
    Genau so hab ich es vor. Morgen früh geht es los. 1 Woche, einfach so woanders, um Zeit zu haben, aufzuatmen, die Seele wieder “einzufangen”, gute Bücher dabei zu haben, die Bibel sowieso … Freu mich sehr!

  • Mein Mann und ich hatten im Mai Goldene Hochzeit und da wir vorher schon aus Anlass eines besonderes Geburtstages eine Familienfeier hatten, wollten wir diesen Tag “allein zu zweit” verbringen und verreisen. Als ich das in meinem Umfeld erwähnte, kam ganz automatisch die Frage: “Wo FLIEGEN Sie hin?” – Ungläubiges Staunen und große Augen, wenn ich dann antwortete: “Wir fliegen gar nicht; wir fahren mit dem Auto nach Bayern in das Gästehaus eines Klosters, das wir schon lange gut kennen.”
    Als junge Leute waren wir neugierig auf die Welt und sind deshalb auch gern weiter gereist. Jetzt “dürfen” wir in aller Ruhe dort sein, wo es uns gut gefällt und wo Seele und Sinne ihre Freude haben, auch wenn es ganz in der Nähe ist!

    • Gewiss tut es manchmal gut, weit weg zu sein, aber im Grunde spielt es keine Rolle, wenn man verstanden hat. wofür Urlaub eigentlich da ist.
      Gruß, Bruder David

  • Was für ein wundervoller Artikel.

    Genau das alles empfinde ich gerade in meinem Urlaub. Einkehr zu mir selbst, die Alltagsgedanken hinter mir lassen, Dinge sortieren, im Innen wie im Außen, Zeit für Mußestunden haben und vieles mehr.

    Und dafür wegfahren muss ich auch nicht unbedingt. Manchmal ist es hilfreich, ja, aber es gibt so viel Schönes zu entdecken und Mußeorte in deiner näheren Umgebung. Man muss nur hinschauen und sich öffnen. 🙂

    Alles Liebe

    Britta

  • Du sprichst mir aus der Seele. Deine Worte haben mich daran erinnert, mir wieder jede Woche einen kleinen Urlaub -ich nenne ihn Künstlertreff- zu gestatten. Habe es schon länger nicht mehr getan. Ganz absichtslos, nur zur Freude, nur mit meinem inneren Künstlerkind, etwas Schönes zu unternehmen. Das könnte tatsächlich mal wieder ein Museumsbesuch sein.
    Danke.

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