Im letzten Jahr haben wir Brüder die Benediktinerinnen in Prag besucht, die wir einige Zeit vorher in der Cella kennenlernen durften. Sr. Birgitta Louis ist die einzige Deutsche unter den Schwestern, die jahrelang als Psychologieprofessorin gearbeitet hat.
Hier ist ihr Lieblingsvers aus den Psalmen mit ihrer Erklärung dazu.

Welcher Psalm-Vers gefällt Dir besonders gut oder hat für Dich persönlich eine besondere Bedeutung?

Der Vers 4b aus dem Psalm 103 „der dich mit Huld und Erbarmen krönt“ ist für mich seit Jahren ein hilfreicher Wegbegleiter.

Wie würdest Du den Vers in Deiner eigenen Sprache formulieren und welche Bedeutung hat der Vers für Dich persönlich?

„Durch Deine Zuwendung, Dein Wohlwollen, Deine Gunst und Freundlichkeit und durch Deine verzeihende Güte erweist Du mir Ehre und richtest mich auf.“ – Immer dann, wenn andere Menschen mich tadeln, kritisieren, herabsetzen, übersehen, oder wenn ich mit mir selbst und meinem Verhalten unzufrieden bin, mich schwer tue, mich selbst anzunehmen wie ich bin, und mir zu verzeihen, dann ist dieser Psalm-Vers  für mich wie eine hilfreiche seelische Medizin: Er, „der mich mit Huld und Erbarmen krönt“, er lässt mich Annahme und Wärme erfahren (Huld), er öffnet mir die Augen für die Wahrheit (Erbarmen) und gibt mir die Kraft zu Annahme und Auseinandersetzung mit dem Erkannten (krönt mich).

In welcher Lebenssituation könnte man diesen Vers jemandem an die Hand geben?

Wenn einem Menschen Unrecht geschehen ist, wenn sich ein Mensch beruflichen oder menschlichen Ansprüchen nicht gewachsen fühlt, wenn jemand sich ausgegrenzt oder an den Rand gedrängt fühlt, oder wenn jemand in seinen eigenen Augen versagt oder Unrecht getan hat, kann man ihm diesen Psalm-Vers an die Hand geben, wenn man ihm die Worte „Huld“ und „Erbarmen“ verständlich macht, und wenn ihm die Zuwendung Gottes etwas bedeutet.

Angenommen, der Vers wäre der Titel eines Filmes – wovon würde der Film handeln?

Von zwei Zwillingsbrüdern in längst vergangenen Tagen: der ältere, der Liebling des Vaters, verbringt seine Tage bevorzugt mit Jagen, der jüngere, der Liebling der Mutter, ist geschickt in allen Tätigkeiten des Hauses. Als der Vater spürt, dass sein Ende naht, bittet er den älteren Sohn, ein Wild zu jagen und es für ihn zuzubereiten. Danach werde er ihn als den Erstgeborenen  segnen. Von seiner Mutter verführt und unterstützt, betrügt der jüngere Sohn den blinden Vater und erschleicht sich den Segen des Erstgeborenen. Dafür trachtet der ältere Sohn ihm nach dem Leben. Nach den Trauerfeierlichkeiten für den Vater flieht der jüngere Sohn. –  In der Nacht unter freiem Himmel erscheint ihm der Herr im Traum am oberen Ende einer Leiter, die bis zum Himmel reicht,( auf der Engel hinauf und hinab steigen,) und (er) sagt zu ihm: „Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. Deine Nachkommen werden zahlreich sein. … Ich bin mit dir, ich bringe dich zurück in dieses Land. Denn ich verlasse dich nicht, bis ich vollbringe, was ich dir versprochen habe.“(Gen 28,13b – 15) – Der dies erfuhr, war Jakob, einer der Stammväter Israels.

 

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Sr. (Dr. Dipl.-Psych.) Birgitta Louis OSB, geb. 1938, Wohnort z.Z. Prag, Prof. an FH für Psychologie em., Gründungsmitglied eines Benediktinerinnenklosters in Prag.

Bruder David


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Kommentare

  • Hallo,

    interessante und informative Beiträge hier, super. Habe längere Zeit als stiller Gast nur mitgelesen und mich jetzt mal angemeldet.
    Ich würde mich freuen, wenn ihr bei Gelegenheit auch einmal auf meinem Blog zum Thema Textilreinigung vorbeischauen würdet.

    Alles Liebe

    Herbert

    Ketchupflecken

    • Hallo Herbert, schön, dass Du hier einen Kommentar hinterlassen hast. Gerne werden wir Dein Blog ebenfalls anschauen. Gruß, Bruder David

  • Hallo,

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    Alles Liebe

    Herbert

    Ketchupflecken

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