Urlaub mit Gott
Die Urlaubszeit ist angebrochen. Viele Menschen sind schon verreist, andere bereiten ihre Reise noch vor. Auch für mich steht der Urlaub bevor. Und wie jedes Jahr stellt sich die große Frage: Was muss, was will ich alles mitnehmen?
Abgesehen von der benötigten Kleidung gehört in mein Urlaubsgepäck eine nicht geringe Zahl an Büchern: Romane, Krimis, Reisebeschreibungen und – das Buch der Bücher! Denn ich habe mir angewöhnt, in den Ferien bewusst eine Zeit für die Bibellesung einzuplanen.
In der Regel gehe ich dabei systematisch vor, indem ich plane dieses oder jenes Buch der Bibel als Ganzes zu lesen. Für die kommende Urlaubszeit habe ich mir das Buch der Psalmen vorgenommen, das mich im Stundengebet zwar das ganze Jahr über begleitet, aber gerade in einer von Verpflichtungen freien Zeit finde ich die Muße, mit einen Psalm auszusuchen, ihn zu lesen und zu meditieren.
Die Psalmen: Begleiter durch das Jahr und Begleiter im Urlaub
Zwei Psalmen möchte ich mir in besonderer Weise vornehmen: Zunächst Psalm 18, der in unserer monastischen Liturgie am Sonntagmorgen in der Vigil vorkommt. Dieser Psalm 18 umfasst 51 Verse, ist also vergleichsweise lang. Die Exegeten ordnen den Königspsalm den Dankliedern zu, weil er von der Errettung der Königs Davids redet (wobei der Psalm nur in Auszügen auf den großen israelitischen König zurückgehen mag). Im Verlauf des Psalms werden viele machtvolle Bilder angeführt, die Gottes Handeln anschaulich darstellen.
Der Gott der Weite leuchtet auf
Ein Vers aus besagtem Psalm hat es mir besonders angetan, nämlich Vers 20, der im Gotteslob mit Vers 29 verbunden als Kehrvers unter der Nummer 629,1 erscheint: „Du führst mich hinaus ins Weite, du machst meine Finsternis hell.“
Ja, gerade im Urlaub im Urlaub – in der Ferne und weitab vom Alltag – kann ich neu spüren, dass Gott nicht möchte, dass seine Geschöpfe engherzig sind. Im Gegenteil: Er führt mich hinaus ins Weite und macht meine Finsternis hell!
Der bewegte und bewegende Gott leuchtet auf
Ein weiterer Psalm ist mir sehr ans Herz gewachsen und soll mich in der Ferienzeit begleiten, nämlich Psalm 114: Er ist der große Lobpreis auf den Auszug Israels aus Ägypten. Der sieghafte Erlösergott von Psalm 114 ist auch der Gott des neuen Bundes. Und sein mächtiges Handeln an seinem Bundesvolk gilt auch dem Volk des neuen Bundes.
Dabei ist das im Psalm verheißene zukünftige Heilswalten Gottes für uns Christen schon Wahrheit geworden. Denn durch Jesu Auferweckung und Erhöhung bin ich dem negativen Bereich der Sünde und des Todes entrissen und an das Ufer des neuen Lebens gebracht. Darum ist Psalm 114 der Prototyp des Liedes der erlösten Christen, weshalb er in der Vesper an den großen Hochfesten des Kirchenjahres und an jedem Sonntag in der Vesper erklingt.
Im Urlaub tanze ich vor meinem Gott
Ein Vers ragt dabei besonders heraus, nämlich Vers 7. In der alten Einheitsübersetzung fand man diese Übersetzung: „Vor dem Herrn erbebe, du Erde, vor dem Antlitz des Gottes Jakobs.“ – Die neue Einheitsübersetzung hat diesen Vers anders interpretiert, und zwar genau so, wie wir Mönche ihn seit über zehn Jahren in der Sonntagsvesper singen: „Tanze, du Erde, vor dem Antlitz des Gottes Jakobs!“
Wenn im Urlaub der Alltagstrott von mir abfällt, brauche ich vor Gottes Antlitz nicht zu erbeben, sondern darf vor Gottes Antlitz tanzen. – Da ist die Erholung schon vorprogrammiert…