25/01/2022

Als Kind habe ich gerne mit Legosteinen gespielt. Alles Denkbare an Autos, Schiffen, Häusern und noch viel mehr habe ich mir damit gebaut und war oft stundenlang darin versunken. Natürlich habe ich auch „Kirche“ gespielt. Ich habe mir aus Legosteinen eine Monstranz gebaut und dann in meinen Zimmer Fronleichnamsprozession gespielt. Das sollten meine Eltern natürlich nicht mitbekommen. Ich erinnere mich, dass es wie eine eigene Welt war, in die ich eintauchen konnte.

Neues erschaffen im Spiel

In den Tagen nach Weihnachten habe ich - nach vielen Jahrzehnten - mal wieder einen ganzen Tag Lego gebaut. Mit sechs Personen haben wir gemeinsam einen Lego-Flügel aus über 3600 Teilen zusammengebaut. Dabei waren zum Glück zwei jugendliche Lego-Expertinnen, denn was es heute alles an Lego-Bauteilen gibt, hat kaum noch etwas mit den Vierer- und Achter-Steinen von vor 50 Jahren zu tun. Und es hat mich fasziniert, sodass ich in den nächsten Tagen gerne davon erzählt habe. Das habe ich nach einem „Spieltag“ schon sehr lange nicht mehr getan.

Dabei habe ich über mein Spielen nachgedacht. Manchmal setzte ich mich einfach ans Klavier und spiele – spiele Melodien, die mir gerade in den Kopf kommen. Dabei hat das „Klavier Spielen“ nicht immer nur etwas mit Spielen zu tun. Auch bei meiner Arbeit spiele ich Klavier. Und als Kind war für mich „Klavier spielen“ eher mit „üben müssen“ verbunden. Manchmal – leider im letzten Jahr natürlich viel zu selten – treffe ich mich mit anderen zu einem Brettspiel. Und dann habe ich auch noch ein Free-Fall-Spiel auf meinem Tablet. Meine Formen des Spielens sind so unterschiedlich.

Eintauchen in eine andere Welt 

Der Spieltag mit Lego war aber besonders. Ich habe gespürt, wie gut mir dieses lange Eintauchen in eine andere Welt wirklich tut. Irgendwie befreit es meinen Kopf und regt zu neuen Gedanken an. Je mehr Kreativität ein Spiel zulässt, umso mehr fasziniert es mich. Zusammen spielen macht mehr Freude, als allein zu spielen – egal ob mit dem Tablet oder mit dem Klavier.

Kinder erschließen sich die Welt spielerisch, sie lernen im Spiel, neue Möglichkeiten auszuprobieren oder Probleme zu lösen. Und sie lernen, mit anderen umzugehen und sich an Regeln zu halten. Lerne ich auch noch etwas im Spiel? Wissenschaftler haben untersucht, was beim Spielen im Kopf passiert. Durch das Spiel können sich im Gehirn möglichst viele Netzwerke miteinander verbinden, die sonst nie miteinander verknüpft sind. «Wir kommen auf ganz neuartige Ideen und Lösungen, bekommen mehr Lebensfreude, spüren uns wieder selbst, bleiben kreativ», beschreibt der Neurobiologe Gerald Hüther die Auswirkungen. Denn je mehr Netzwerke miteinander verbunden seien, desto kreativer werde der Mensch. Auch verliere er im Spiel die Angst.

Die ganze Palette der Gefühle – und am Ende des Spiels ist alles wieder vorbei

Manchmal spielt man ja auch gegeneinander und hat große Freude daran, den anderen rauszuwerfen. Mensch-ärgere-dich-nicht ist ein Brettspiel, dass seine Wurzeln im indischen Raum hat. Die Spieler könnten ihren Charakter herauslassen oder andere Verhaltensweisen ausprobieren, ohne negative Konsequenzen. Verzicht, Teilen, Aggressivität und Hinterlist, die ganze Palette der Gefühle ist möglich – und am Ende des Spiels ist alles vorbei.

Das erinnert mich auch an die Psalmen, die ich jeden Tag singe. Auch dort begegnen mir die unterschiedlichsten Emotionen und Affekte – intensiv besungen. Und es ist gut, dass ich sie so intensiv singen kann. Am Ende der Gebetszeit sind sie verwandelt und anders eingebunden in mir. Singt und spielt dem Herrn – wieder begegnet mir das Wort vom Spiel.

Ich will wieder mehr spielen, denn spielen tut mir gut. Für das fromme Spiel der Psalmen habe ich meine tägliche Gewohnheit ja schon gefunden. Das andere Spiel – vielleicht mit Legosteinen oder Strategiespielen - hat noch keinen so regelmäßigen Platz in meinem Alltag. Aber vielleicht kann ich daran in der nächsten Zeit ja mal was ändern….

Und ich freue mich wieder, von Dir zu lesen, welche Erfahrungen Du mit dem Spielen gesammelt hast.

Bruder Karl-Leo


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