Ich erinnere mich noch gut: Ich war Priesteramtskandidat für das Erzbistum Köln und wohnte direkt am Rhein im Bonner Theologenkonvikt Albertinum. Gerade hatte mein zweites theologisches Semester begonnen, da fand an einem Samstag im Hofgarten, der zwischen dem Albertinum und der Universität liegt, die große Friedensdemonstration statt – es war der 10. Oktober 1981.

Auslöser für diese Demonstration, an der 350.000 Menschen teilnahmen, war der NATO-Doppelbeschluss vom 12. Dezember 1979. Darin kündigte die NATO an, in Westeuropa neue, mit Atomsprengköpfen bestückte, Mittelstreckenraketen von Typ Pershing II und Marschflugkörper vom Typ BGM-109G Gryphon zur atomaren Abschreckung zu stationieren und verlangte bilaterale Verhandlungen der Supermächte über die Begrenzung ihrer atomaren Mittelstreckenraketen (Intermediate Nuclear Forces – INF).

Veranstalter waren die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste und die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden, und mit diesen beiden zusammen weitere 800 Organisationen. Es fanden an fünf verschiedenen Orten Auftaktkundgebungen statt, von denen aus die Demonstranten in Sternmärschen zum Hofgarten zogen.

Der Prophet Micha

Ein kleines Zitat, beim Propheten Micha gefunden, war der Slogan, der von 1981 an die Friedensbewegung in Westdeutschland bestimmte: „Am Ende der Tage wird es geschehen: Der Berg des Hauses des HERRN steht fest gegründet als höchster der Berge; er überragt alle Hügel. Zu ihm strömen Völker. Viele Nationen gehen und sagen: Auf, wir ziehen hinauf zum Berg des HERRN und zum Haus des Gottes Jakobs. Er unterweise uns in seinen Wegen, auf seinen Pfaden wollen wir gehen. Denn von Zion zieht Weisung aus und das Wort des HERRN von Jerusalem. Er wird Recht schaffen zwischen vielen Völkern und mächtige Nationen zurechtweisen bis in die Ferne. Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden und ihre Lanzen zu Winzermessern. Sie erheben nicht mehr das Schwert, Nation gegen Nation, und sie erlernen nicht mehr den Krieg. Und ein jeder sitzt unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum und niemand schreckt ihn auf. Ja, der Mund des HERRN der Heerscharen hat gesprochen.“ (Micha 4,1-5)

In seinem Brockdorf-Beschluss nannte das Bundesverfassungsgericht die oben erwähnte Friedensdemonstration als positives Beispiel für die friedliche Durchführung von Großdemonstrationen, an dem sich die Behörden im Vorfeld anderer Großdemonstrationen orientieren sollten.

Erfolge der Friedensbewegungen

Es bedurfte vieler weiterer Demonstrationen und Aktionen (wie etwa denen der Ostermärschen) in Deutschland aber auch in vielen anderen Ländern, bevor sich etwas tat: Michail Gorbatschow und Ronald Reagan unterzeichneten am 8. Dezember 1987 den INF-Vertrag, der am 1. Juni 1988 in Kraft trat. Bis zum Frühsommer 1991 wurden 2692 Mittelstreckenraketen verschrottet. Die Zeit des Kalten Krieges war vorbei.

Beten gegen den Krieg

Seit vergangenem Donnerstag herrscht wieder Krieg in einem Teil Europas. Viele sind entsetzt, das gleichsam vor unserer Haustür ein Krieg entfesselt wurde – ein Krieg, dessen Folgen noch gar nicht abzusehen sind.

Ich bin der festen Überzeugung, dass Gebet etwas bewirken kann. Daher sind wir alle eingeladen, uneingeschränkt gegen den Krieg und für den Frieden zu beten. Wem dazu die Worte fehlen: Im Gotteslob gibt es unter den Nummern 19,4-6 Gebete um Frieden und Gerechtigkeit.

Bruder Nikolaus


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