Radikale Offenheit – diese Worte umschreiben für mich die Essenz der Botschaft Jesu, das Dasein und das Leben. Nach gründlicher Überlegung frage ich mich, was für mich persönlich den Kern dieser Botschaft ausmacht. Was ist Jesu Grundhaltung, die die Evangelien durchzieht und die wir in den Schriften, insbesondere im Thomasevangelium, finden können?


Moralische Flut und Ethik

Ist es die andauernde Flut moralischer Lehren, die uns regelmäßig überrollt, und die wir ständig predigen hören? Es ist nicht so, dass ich Moral pauschal ablehne – eine Ethik ist zweifellos notwendig. Doch das Christentum hat sich zu sehr in Moral und Ethik verfangen. Doch das ist nicht der wahre Kern des Christentums. Es ist keine vorrangig moralische Religion, sondern eine mystische.


Die Rückkehr zu den Ursprüngen

Was ist also der zentrale Punkt? Was bildet die Essenz von Jesu Lehren, bevor die theologischen Feinheiten ausgearbeitet wurden? Ich persönlich glaube, dass es wichtig ist, zu den Ursprüngen zurückzukehren, zu einem vordogmatischen Christentum, und von dort aus weiterzuentwickeln. Wir können nicht einfach das, was damals war, eins zu eins übernehmen, denn wir sind andere Menschen. Wenn wir es jedoch schaffen, die zeitliche Distanz zu überwinden und uns diesem ursprünglichen Christentum zu nähern, werden wir zu der Erkenntnis gelangen, dass Jesu Handeln von radikaler Offenheit dem Leben und dem Dasein gegenüber geprägt war.


Weihnachten als Symbol der Radikalen Offenheit

Ein gutes Beispiel dafür ist Weihnachten. Jesus wurde nicht irgendwo gemütlich geboren, sondern in einer schlichten Krippe, unter erbärmlichen, fast gefährlichen Umständen, wie sie in jener Zeit galten. Diese Geburt war nicht behaglich, sondern gefährlich – eine Geburt, die das Leben in seiner elementarsten Form zeigt. Je existenzieller unser Leben wird, desto intensiver spüren wir die Wucht und Kraft des Lebens. Dies geschieht nicht auf bequemen Thronsesseln, sondern dort, wo alles schlicht und einfach ist. Dort, wo das einfache Leben seine wahre Bedeutung zeigt, und zwar, indem es radikale Offenheit ausstrahlt.


Die Begegnung am Jakobsbrunnen

Betrachten wir beispielsweise die Begegnung Jesu mit der Frau am Jakobsbrunnen. Erinnern wir uns an ihre Diskussion, bei der es schien, als müsse sie ihn überzeugen, ihr zu helfen. Sie fragte: "Warum soll ich dir helfen? Was willst du eigentlich von mir?" Doch Jesus ließ sich radikal auf diese Begegnung ein, er ließ sich in ihr Leben hineinziehen.


Gleichnisse und die Verbundenheit zur Natur

Die Gleichnisse Jesu vermitteln denselben Geist. Sie handeln nicht von Ernteerträgen oder einem großzügigen Vater, der belohnt, sondern von seiner Verbundenheit mit der Natur. Jesus beobachtete die Natur, die Blumen, die Tiere, und stand im ständigen Dialog mit der Schöpfung und dem Leben. Wie hätte er sonst zu seiner Botschaft finden und all die wunderbaren Gleichnisse erzählen könne?


Die Radikale Offenheit bis ans Kreuz

Ein weiteres Beispiel für diese radikale Offenheit ist Jesu Umgang mit Angst und Sorge, die bis hin ans Kreuz ging. Das Bild des Gekreuzigten zeigt uns diese Offenheit, das Ausgestrecktsein ohne Zurückweichen. Es ist, als würden seine Arme die Welt umarmen und sich fest mit dem Leben verbinden. Das ist die radikale Offenheit.


Die Praxis der Radikalen Offenheit

Wir können diese Offenheit in unserem täglichen Leben praktizieren, indem wir uns ganz auf den gegenwärtigen Moment einlassen und das, was uns in diesem Moment gezeigt wird. Aus diesem Dialog mit dem Leben und dem Dasein werden wir die eigentliche Botschaft erkennen, die auch in der Bibel zu finden ist, und die in unserer Welt weiterlebt.


Schlussbemerkung und Einladung zur Diskussion

Für mich ist dies der wahre Kern des Christentums: radikale Offenheit, frei von starren Formen und Mustern. Wie siehst du das? Deine Meinung interessiert mich wirklich. Spricht dich diese Botschaft an, oder weckt sie Ängste? Bitte teile deine Gedanken in einem Kommentar.

David Damberg


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