Gesammelt sein
Stelle Dir vor: Du musst zum Arzt, meldest Dich bei den freundlichen Damen am Empfang an und wirst, wie zu erwarten war, in das große Wartezimmer geschickt. Dort sind einige Stühle schon besetzt, aber bei weitem noch nicht alle. Du nimmst einen Platz ein.
Nun geschieht folgendes: Du liest in irgendeiner Zeitung und ein neuer Patient betritt den Raum. Was machst Du? Ich vermute das Gleiche, das auch ich machen würde und immer wieder mache: Ich hebe den Kopf und schaue, wer den Raum betritt und wohin er sich setzt.
Eigentlich nichts Besonderes, ganz alltägliche Situation, passiert ständig, nicht nur im Wartezimmer. Auch in der Kirche, in der Bahn, Bus, Kino, Theater, Oper…
Dreh’ Dich nicht um…!
Und schon sind wir zu unserer Übung für diese Woche gekommen. Sie ist eigentlich total simpel und einfach, aber glaube mir, sie ist gar nicht so leicht. Daher mag ich diese Übung ganz besonders. Ich weiß, wovon ich spreche!
Lerne Dich zu sammeln und verzichte darauf, alle Bewegungen und kleinen Ereignissen in Deiner unmittelbaren Umgebung ansehen zu müssen. Das heißt: wenn jemand Neues in die U-Bahn einsteigt, ins Wartezimmer kommt oder ins Geschäft, Dich nicht umzudrehen, nicht nachzusehen, sondern einfach ignorieren.
Worum es geht: Diese zugegeben kleine Übung soll Dir helfen, in Deiner Sammlung zu bleiben und nicht jeder Ablenkung nachzugeben. Warum musst Du wissen, wer den Raum betritt? Warum ist es wichtig, Menschen nachzuschauen, die an Dir vorbeigehen?
Jedes mal wirst Du aus Dir selber herausgerissen. Viel besser wäre es, wenn Du ganz bei Dir bliebest und einfach gesammelt und achtsam da bist.
Man kann diese kleine Übung noch weiter führen: ist es wichtig, dass Musik in der Wohnung zu hören ist, dass das Radio läuft und der Fernseher? Musst Du jede Nachricht hören, jede kleine Neuigkeit? Lass einmal das Spielen am Handy sein (… das sage ich mir gerade auch selber ;-)) und sei mehr in der Gegenwart und bei Dir selber.
Präsent zu sein und gesammelt sind wichtige Übungen für den spirituellen Weg – egal ob als Christ, Buddhist oder Hindu, weil dieser Weg immer ein Weg in die eigene Innenwelt ist. Es gibt letztlich keinen anderen Weg.
Dieser Weg fängt damit an, sich einzuüben in der Sammlung und der Achtsamkeit zu bleiben.
In der Achtsamkeit bleibe ich, wenn ich im Wahrnehmen meiner Selbst bleibe und nicht in meinen inneren Bildern gefangen und verfangen bin. Diese führen mich in die Vergangenheit oder Zukunft und entziehen mich der Gegenwart.
Um in diesem Gewahrsein, wie man Achtsamkeit auch nennen, zu bleiben, gibt es übrigens eine ganz nette Android-App für Dein Handy (gibt es auch fürs IPhone), vielleicht kennst Du sie. Sie heißt:
Sie kann Dich während des Tages durch einen einfachen Glockenton daran erinnern, den aktuellen Augenblick wahrzunehmen und in die Achtsamkeit und Sammlung zurück zu finden.
Vielleicht eine kleine Hilfe auf dem Weg.
Ich bin gespannt, wie es Dir mit der einfachen Übung für diese Woche ergeht.