Mantra

“Ommmmmmm” –  Mantra und Affirmation

Sag einer Gruppe Unkundiger, dass wir jetzt alle zusammen meditieren werden und Du kannst fest davon ausgehen, dass mindestens ein paar von ihnen Daumen und Zeigefinger zusammenführen, die Hände so drehen, dass die Handinnenflächen nach oben gucken und sie werden dabei Ommmmm sagen.
Das ist die häufigste Vorstellung von Meditation und wie immer weder völlig falsch noch völlig richtig.

Om ist eine heilige Silbe für Hindus, Buddhisten wie auch für Jainas. Sie bezeichnet die Gegenwart des Absoluten. Vielleicht ähnlich wie im Judentum und damit auch im Christentum die Silbe El für Gott steht: Beth-el, Isra-el oder Micha-el.
Om ist auch einer der Hauptworte aller Mantren, die im Buddhismus oder bei den Hindus gesungen werden. Und um Mantren soll es in diesem Beitrag heute gehen.

Im Christentum kennen wir eine solche Praxis nicht wirklich. Wir haben auch Worte, die wir wiederholt einsetzen: Amen, Halleluja oder “Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem heiligen Geist”, aber diese sind schwerlich als Mantren zu bezeichnen.
Vielleicht kommen die Gesänge der Mönchsgemeinschaft Taize in Frankreich einem Mantra am nächsten. Hier werden kurze Passagen aus der heiligen Schrift oft in Latein oder anderen Sprachen immer wiederholt gesungen.
Ein Mantra in seiner ursprünglichen Form ist ein Satz oder Wort in Sanskrit, dass verbunden mit einer Melodie gesungen wird.
Ich vermute, dass auch in Indien die meisten kein Sanskrit mehr verstehen und nicht immer wissen, was sie singen. Das spielt für das Mantra keine Rolle. In den östlichen Religionen wird davon ausgegangen, dass das Mantra in seiner Inhaltlichkeit eine Wirkung erweckt, auch wenn das Mantra in seiner Wortbedeutung nicht verstanden wird.
Diese fast magisch anmutende Wirkung eines Mantras ist der christlichen Theologie und Glaubenslehre unbekannt – nicht jedoch dem Glauben der Menschen.

Im Westlichen und dort vor allem im säkularen, also nicht religiösen Kontext kennen viele so genannte Affirmationen. Das sind kurze Sätze, die ein Ziel formulieren, dass Du erreichen möchtest. Einen solchen Satz solltest Du immer wieder wiederholen – innerlich ganz leise oder aber auch lautstark. Man geht davon aus, dass ein solcher Satz unbewusste Energie aktiviert, die die Erfüllung des Wunsches nach sich zieht. So kannst Du Dir vielleicht folgende Sätze als Affirmation vorstellen:
Ich bin in allen Lebenslagen ruhig und entspannt.
Ich ziehe Geld magisch an.
Diese Sätze sind stets positiv formuliert und beschreiben einen Ist-Zustand, der erwünscht ist und nicht einen Zustand, den man meiden möchte, beispielsweise: Ich will nicht, dass ich immer wenig Geld habe oder Ich will nicht unruhig sein.

Der Zen-Mönch Suzuki hat einmal gesagt, damit etwas spirituell ist, muss es zwei Bedingungen erfüllen, es muss einfach und wiederholbar sein. Dahinter steckt eine etwas andere Vorstellung von Spiritualität, als es im christlichen Kontext üblich ist. Buddhismus ist sehr stark auf den Alltag ausgerichtet, wie unschwer zu erkennen ist.
Aber auch wir haben viele Dinge, die einfach und wiederholbar sind und dadurch, nach Suzuki, Spiritualität fördern können. Das Kreuzzeichen ist ein typisches Beispiel.

Aber zurück zu den Mantren. Schau dir dieses Video an, dann bekommst Du einen guten Eindruck von einem klassischen Mantra.

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Es wäre gut, wenn man ein eigenes Mantra hätte, einen Satz, der beruhigt, das Herz öffnet und zugleich mit Gott verbindet, oder? Stell Dir vor, du würdest morgens mit einem solchen Satz aufwachen, könntest ihn wiederholen, wenn es auf der Arbeit stressig wird, wenn dich andere ärgern, wenn Du traurig bist oder einfach ein paar Sekunden Ruhe brauchst.

Hier ein paar wichtige Punkte, die Du beachten solltest, damit Dein Satz auch richtig gut wird.

1. Gegenwart

Formuliere den Satz so, dass er etwas beschreibt, was schon wahr geworden ist und nicht einfach nur ein Wunsch. Statt: Ich will ruhig werden besser “Ich bin ganz ruhig und entspannt”

2. Positiv formulieren

Beschreibe in Deinem Satz nicht etwas, das Du verändert haben willst, sondern den gewünschten Zustand – habe ich ja oben schon beschrieben.

3. kurz

Mach keine langen Sätze, die Du Dir nur schwer merken kannst. Je einfacher, desto besser. Anstatt: Ich bin ruhig, ganz entspannt und in jeder Situation völlig gelassen, egal was passiert und kommen mag. besser: Ich bin völlig entspannt und ruhig.

4. Nutze eine Symbolsprache

Je psychologischer Dein Satz, um so symbolischer sollte Deine Sprache sein. Für ein spirituelles Mantra ist das nicht so wichtig. Wenn Du aber etwas in Dir bewirken willst, also beispielsweise ruhiger zu werden, entspannter, motivierter oder was auch immer, dann sprich die Sprache Deines Unbewussten. Und das unbewusste spricht in Bildern – siehe Deine Träume. Beispiel: Ich bin leicht wie eine Feder. Meine Ruhe ist wie ein klarer Bergsee.

5. Musik suchen

Und nun verbinde den Satz mit einer Melodie. Entweder Du nimmst eine, die Du kennst, oder Du erfindest eine. Beachte aber, dass die Stimmung der Melodie zu Deinem Satz passen sollte. Das heißt, dass Du keine traurige Melodie nehmen solltest, sondern eher eine tröstende, motivierte und aufbauende Musik.

6. Experimentiere

Und nun nimm den Satz und die Melodie und experimentiere, mach Deine Erfahrung damit, verändere Satz und Melodie, bis sich beides für Dich und zueinander richtig stimmig anfühlt.

7. Bleib dabei

Und wenn die Phase des Experimentierens abgeschlossen ist, dann bleib bei Deinem Satz. Er braucht Zeit zum Wirken. Hast Du einen spirituellen Satz, dann entsteht die meditative Wirkung, also die Form der Versenkung, die der Satz und die Melodie bewirken sollen, erst durch die Wiederholung. Auf keinen Fall empfiehlt es sich, immer wieder einen anderen Satz zu nehmen.

8. Nimm einen anderen Satz

Ganz unabhängig zu dem, was ich unter Punkt 7 beschrieben habe. Vielleicht ist Dein Satz nach einiger Zeit nicht mehr der richtige oder Du bist tatsächlich endlich zum ruhenden Bergsee wiedergeboren. Vielleicht willst Du auch etwas Anderes verstärken oder einen ganz anderen Satz meditieren. Dann nimm einen neuen Satz.

Und hier zur Anregung eine Auswahl von möglichen Sätzen:

spirituelle Mantras

In Gott bin ich geborgen.
Ich bin nicht allein.
Ich bin gesegnet.
Gott umhüllt mich mit Liebe.
Amen
Maranatha
Komm, Herr Jesus.
Gott allein genügt.

psychologische Mantren

Das Leben geht weiter.
Ich bin stark wie ein Löwe.
Ich bin wolkenleicht.
Ich spüre meinen Goldschatz in mir.
Immer locker bleiben.
Sei einfach Du selbst.
Lebe und Liebe.
Nobody is perfect.

Hast Du ein Mantra oder eine Affirmation – wäre schön zu hören, was Dein Satz ist und welche Erfahrung Du damit gesammelt hast.

Bruder David


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Kommentare

  • Lieber Bruder David.
    Nachstehend meine Affirmation:
    „Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner.“
    Das Jesusgebet habe ich bei
    Fr. Antonius Kuckhoff OSB eingeübt und bei
    Benedikt Maria Lindemann vertieft.
    Mit herzlichen Grüßen
    Det

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