16/12/2021

Als Kind habe ich mich sehr auf Weihnachten gefreut. Nicht nur die Geschenke haben mich fasziniert, sondern auch all das, was es eben nur oder hauptsächlich in der Weihnachtszeit gab: Plätzchen backen, gemeinsam musizieren, basteln  und Vieles mehr. 

Mittlerweile gehe ich ziemlich routiniert und gelassen auf Weihnachten zu. Ich weiß, was ich zu tun und zu schaffen habe – und dank jahrelanger Erfahrung bekomme ich das auch einigermaßen gut hin. In den Gottesdiensten hören wir in diesen Tagen immer wieder von der Freude. Besonders der dritte Adventssonntag ist mit seinen Gesängen geprägt durch einen Text, den der Apostel Paulus an die Philipper geschrieben hat: „Freut Euch im Herrn zu jeder Zeit. Noch einmal sage ich: Freut euch! Eure Güte werde allen Menschen bekannt.“

„Altbekannte Weihnachtsfreude“

In seiner lateinischen Fassung hat der Text diesem Sonntag sogar seinen kirchlichen Namen gegeben: Gaudete. Es ist das erste Wort des Lateinischen Eröffnungsgesanges. Oft ist diese letzte Woche vor Weihnachten eher die stressigste Woche im Advent – also die Woche mit der wenigsten wahren Freude. Das scheint uns nicht wirklich zu passen. Und man könnte anfügen, es hat schon damals nicht gepasst. Der Apostel Paulus, der diese Verse schreibt, sitzt im Gefängnis. Und die Gemeinde, für die er schreibt, ist sehr zerstritten. 

Neben diesen „äußeren Rahmendaten“ für Freude und Wohlgefühl  - die oft eher schwierig sein können, gibt es aber auch körperliche Beobachtungen der Freude: Bei der Freude ist im gesamten Körper die muskuläre Aktivität und Durchblutung erhöht. Besonders wichtig bei der Freude ist es, dass sowohl die Atmung als auch der Herzschlag leicht verändert sind. 

Vorfreude macht aus freudigen Momenten eine langanhaltende Freude

Und eines ist besonders wichtig: Offensichtlich sind wir in der Lage, allein in Erwartung eines freudigen Ereignisses im Körper genau die gleichen Reaktionen auszulösen, die die tatsächliche Freude dann in uns auslöst. Natürlich muss diese Vorfreude in einer zeitlichen Beziehung stehen zu der tatsächlichen Freude. Also das Ereignis, auf das ich mich gefreut habe, muss dann wirklich schön werden können. Aber eine deutsche Redewendung sagt wohl nicht ganz umsonst: Vorfreude ist die schönste Freude. Offensichtlich bringt die Vorfreude eine eher langanhaltende und gleichmäßige Veränderung in den Körper, mehr sogar noch als der freudige Moment selbst. 

Immer mehr verstehe ich, dass die Freude im Advent, die Freude auf Weihnachten hin, etwas mit dieser Art der Vorfreude zu tun haben muss. Den Körper langsam und doch kontinuierlich auf die Weihnachtsfreude einzuschwingen, das dürfen wir jetzt beginnen. 

Erfahrung intensivieren

Alle tiefen Geheimnisse unseres Glaubens brauchen die innere Erneuerung, damit die Erfahrung intensiv bleibt. Je älter wir werden, um so routinierter werden Advent und Weihnachten. Umso bedeutsamer wird es, diese Intensivierung des Glaubens in uns wachzurufen, weil sie sich doch nicht von alleine einstellt. Aus der Vorfreude kann ich meinen eigenen Körper verändern und meinen Glauben intensivieren. Sich jetzt noch einmal zehn Tage am ganzen Körper freuen - das ist eine lange Zeit, aber auch eine wirklich schöne und intensive Zeit. 

Ich freue mich jedenfalls, von Dir zu lesen, wie sich in Deinem Körper Vorfreude anfühlt, wie lange sie hält und was das besonders Schöne daran ist. 

Bruder Karl-Leo


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