Seit einigen Wochen bekomme ich immer häufiger E-Mails, die mit dem gut gemeinten und freundlichen Wunsch enden: Bleib negativ. Anfangs habe ich mich sogar dabei ertappt, diesen Gruß selber unter einige Mails geschrieben zu haben. Aber mittlerweile gefällt mir der Gruß überhaupt nicht mehr. Natürlich weiß ich, was damit gemeint ist, und auch in meinem Arbeitsalltag ist es längst Realität: Ganz regelmäßig mache ich – wie alle unsere Mitarbeiterinnen – einen Covid 19 – Schnelltest.

Seit einigen Wochen haben wir jetzt die Selbsttests für die Praxis und das Kloster und plötzlich gibt es eine eigenartige Zeit am Tag: Wenn ich die drei Tropfen aus dem Teströhrchen auf meinem Prüfstreifen träufele und dann mindestens 10 Minuten warte, ob neben der Kontrolllinie eine zweite Linie entsteht. 

Was macht mich froh?

„Ich bin negativ“. Das ist natürlich in unserer Zeit ein freudiges Test-Ergebnis. Und der erste Moment ist tatsächlich ein kleines Glücksgefühl. Aber ich spüre schnell: Das ist nicht wirklich Freude, es ist nicht wirklich Glück. Und ich erlebe viele Menschen um mich herum, die durchaus vom Coronaviren – Befund her negativ sind, aber auch ansonsten ziemlich negativ in ihrer Stimmung geworden sind.

Mit besonderer Freude nehme ich in diesen Tagen die wenigen Sonnenstrahlen wahr. Eigentlich ist die Sonne ja etwas so Selbstverständliches, dass sie mir bisher kaum weitere Gedanken wert war. Sie ist einfach da, sie wärmt und macht das Wetter schön. In diesem Jahr hat sie für mich irgendwie eine größere Bedeutung bekommen. Vielleicht bin ich in sensibler geworden. Ich bemerke, wie ich neuerdings die Straßenseite wechsle, um in der Sonne zu gehen. Oder wie ich mir in der Stadt bei meinen Spaziergängen Straßenwege aussuche, bei denen mir die Sonne ins Gesicht scheint. Das ist in unserem Stadtteil mit oft fünfgeschossigen Häusern gar nicht so einfach.

Ich fühle mich anders

Die biologische Wirkung des Sonnenlichts zur Aktivierung meines Immunsystems habe ich vor vielen Jahren in meiner Ausbildung gelernt. In den letzten Wochen sammle ich auch die Erfahrung dazu. Jede Minute Sonne im Gesicht stärkt ein kleines Stückchen meine Zuversicht. Ich gebe gerne zu, dass ich das durchaus nötig habe. Sobald die ersten Sonnenstrahlen die Haut berühren, fühle ich mich schon anders. Das liegt daran, dass die vermehrte Sonneneinstrahlung den „Glückshormon-Cocktail” aus Serotonin, Dopamin und Noradrenalin ausschüttet. Dadurch fühle ich mich automatisch glücklicher, motivierter und beschwingter. Der Effekt ist auch als “Frühlingsgefühle” bekannt. Im Vergleich ist ganz klar: Der Blick auf den Covid 19 – Teststreifen macht eben doch eher ängstlich als fröhlich – so nötig diese Tests ohne Zweifel sind.

Christus, Du Sonne unseres Heils

In diesen Tagen denke ich auch an die alten Hymnen, deren Übersetzung wir in unseren Gottesdiensten jetzt häufig singen: von Christus, der Sonne unseres Heils. Ganz offensichtlich wussten die Christen seit vielen Jahrhunderten auch um die heilende Wirkung der Sonne und haben so ganz selbstverständlich die heilende Wirkung der Sonne mit der heilenden Gegenwart Christi verbunden.

Ich wünsche Dir ganz viel Sonne im Gesicht und Sonne im Herzen für die nächsten Wochen und freue mich wieder, von Dir zu lesen, wie es Dir mit der Sonne ergeht.

Bruder Karl-Leo Heller OSB

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