Im gerade begonnenen neuen Kirchenjahr steht in den Eucharistiefeiern das Lukasevangelium im Mittelpunkt. Da kommt mir der Roman „Das Reich Gottes“ von Emmanuel Carrère in den Sinn, der vor fünf Jahren erschienen ist: Nach der langen autobiografischen Einleitung des bekennenden Atheisten schildert der Schriftsteller romanhaft den Weg des Apostels Paulus, der auf seinen Reisen von einem Schreiber begleitet wird, der sich im Laufe der Zeit als der Evangelist Lukas herausstellt.

Carrère arbeitet in seinem Roman heraus, dass das Anliegen des Heidenapostels und das des Evangelisten nicht unterschiedlicher hätte sein können.

Das Anliegen des Paulus

Tatsächlich ist es spannend: Wenn man die Briefe des Apostels Paulus liest, dann spürt man, dass es ihm vor allem um das innere Wachsen und Reifen seiner unterschiedlichen Gemeinden geht. Er hatte ihnen das Evangelium verkündet, die Menschen hatten sich nach seinen Predigten bekehrt und taufen lassen. Nun sollte das christliche Leben aus sich heraus weiter reifen. – Der irdische Jesus, also seine Worte und Taten, waren für Paulus zweitrangig.

Das Anliegen des Lukas

Ganz anders der Ansatz des Lukas: Er schildert in seinem Evangelium in erster Linie den Menschen Jesus: das, was er gesagt hat, sein Handeln und Tun – kurz: sein Leben!

Und um seine Schilderung zu untermauern stellt er seine Erzählung vor allem am Anfang in den historischen Kontext: da ist ganz zu Beginn bei der Ankündigung der Geburt des Johannes die Rede von Herodes, dem König von Judäa.

Die Geburt Jesu ordnet er in die Herrschaftszeit Kaiser Augustus‘ ein, der die Menschen in seinem Herrschaftsgebiet aufforderte, sich in Steuerlisten eintragen zu lassen. Und da Augustus von 27 v. Chr. bis 14 n. Chr. römischer Alleinherrscher war, präzisiert er seine Angaben zu Beginn des 2. Kapitels, das die Geburt Jesu schildert, mit der Angabe, dass Quirinus Statthalter von Syrien gewesen sei.

Und am Beginn des 3. Kapitels wird er ganz exakt: „Es war im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tibérius; Pontius Pilatus war Statthalter von Judäa, Herodes Tetrárch von Galiläa, sein Bruder Philíppus Tetrárch von Ituräa und der Trachonítis, Lysánias Tetrárch von Abiléne; Hohepriester waren Hannas und Kájaphas.“ (Lk 3,1-2a)

Der Evangelist Lukas stellt also nicht nur Jesus, sondern auch die Berufung des Johannes in den großen Rahmen der Welt- und der Heilsgeschichte. Johannes der Täufer ist der Vorläufer; er weist auf den Messias hin und bereitet ihm die Wege. 

Und Lukas verknüpft die Predigt des Johannes mit dem großen adventlichen Propheten Jesaja: „Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! Jede Schlucht soll aufgefüllt und jeder Berg und Hügel abgetragen werden. Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden. Und alle Menschen werden das Heil Gottes schauen.“ (Lk 3,4b-6)

Aufruf zur Umkehr

In der Predigt des Täufers wird schon deutlich, von welcher Art das Heil sein wird, das von Gott kommt: Es wird Versöhnung sein mit Gott durch Jesus Christus. Diese ist möglich, wenn der Mensch bereit ist, umzukehren, d. h. anders zu werden.

Der Schweizer Ordensmann Anton Rotzetter hat es so ins Wort gefasst:

Komm,ja komm, du „GOTT“ der Welt
Komm in vielen Prophetendie alles in Frage stellen
und niemanden in Ruhe lassenKomm in Jesus Christus
der die Wunden heilt
und alles lebendig macht
Komm in allen Dingen
die mir begegnen und doch fremd sind
Komm, ja komm, mein „GOTT“
und mach diese Welt zu Deiner Wohnung

Bruder Nikolaus


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Kommentare

  • Lieber Bruder Nikolaus,
    danke für die ausführlichen Worte. Zuerst dachte ich versus meint doch gegen, ich neige eher zu vergleichend und anders (an die jeweilige Zeit und ihre Personen gebunden). Auf das Bild reagierte ich zunächst überrascht (Warum schon wieder rotes Warnlicht, ist wenden gefährlich oder angesagt?)
    Nun denn, ich werde mir den Roman wieder ausleihen und trotz der vielen Seiten lesen, dazu wurde ich motiviert. Der Text von Anton Rotzetter gefällt mir.
    Ich verstehe mich als nachösterlich lebend. Also ist Christus und Gott sowieso schon in der Welt. Ich nehme anstelle von komm die Worte bleibe oder lass mich dich erkennen und am Ende behalte Wohnung in dieser Welt. Umkehr ist mir zu radikal ins Gegenteil, ich bevorzuge öffnen für andere Gedankenwege.
    Vielen Dank für all die Denkanstöße und Sichtweisen.
    Liebe Grüße
    Ulrike

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