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Weitere Informationen"Du musst loslassen" – kaum ein spirituelles Buch kommt ohne diesen Satz aus. Loslassen gehört zu den zentralen Empfehlungen vieler spiritueller Wege, gleich welcher Herkunft. Meister Eckhart betonte sogar, dass wir uns selbst loslassen müssen, um frei zu werden. Und tatsächlich: Der Gedanke hat Kraft. Doch er hat auch eine Schattenseite.
Denn so richtig und notwendig das Loslassen sein mag – so schwer fällt es uns oft. Besonders dann, wenn es um Menschen geht: Ex-Partner, alte Freundschaften, frühere Arbeitskollegen. Menschen, die längst nicht mehr aktiv Teil unseres Lebens sind, aber trotzdem noch täglich mit uns "am Tisch sitzen".
Ich erlebe das immer wieder in Gesprächen: Da sind Beziehungen schon zehn oder fünfzehn Jahre vorbei, aber der frühere Partner spielt im Inneren der betroffenen Person noch eine große Rolle. Warum ist das so?
Es gibt mehrere Gründe, warum Loslassen nicht gelingt – und sie sind oft subtiler, als wir denken. Im Folgenden stelle ich dir drei tieferliegende Ursachen vor, die uns unbemerkt binden können:
1. Schuld
Wenn eine Beziehung von Schuld durchzogen war, reicht eine Trennung oft nicht aus, um sich innerlich zu lösen. Schuld bindet. Es spielt keine Rolle, ob die Schuld auf der einen oder der anderen Seite liegt – sie schafft eine Verbindung, die bestehen bleibt, wenn sie nicht bewusst überschritten wird.
Ein Beispiel: Ein Mann schlägt seine Frau. Selbst nach der Trennung bleibt sie innerlich gebunden. Außenstehende fragen sich: Warum lässt sie ihn nicht einfach los? Doch Schuld – oder auch das Erleben von Gewalt – schafft ein unsichtbares Band. Und umgekehrt gilt das genauso: Auch der Täter bleibt gebunden.
Diese Art von Verbindung ist nicht freiwillig, aber sie wirkt. Ähnlich verhält es sich mit der Erfahrung, gemeinsam Eltern zu sein. Auch hier entsteht eine Bindung, die nicht einfach mit der Trennung verschwindet – und manchmal muss sie sogar bewusst erhalten bleiben, solange Kinder noch auf Unterstützung angewiesen sind.
Wenn du merkst, dass du jemanden – sei es ein Ex-Partner oder eine Person aus einem früheren Arbeitskontext – nicht loslassen kannst, frage dich: Spielt Schuld eine Rolle? Hast du jemandem etwas nicht vergeben? Oder hast du dir selbst etwas nicht verziehen?
Dann geht es nicht darum, „einfach loszulassen“, sondern erst um innere Klärung: Vergebung, Ausstieg aus der Opferrolle oder das Eingeständnis, selbst falsch gehandelt zu haben. Erst wenn das geschieht, kann Loslassen überhaupt möglich werden.
2. Vorwurf
Auch Vorwürfe binden – selbst wenn sie nie ausgesprochen wurden. In vielen Ehen oder langjährigen Beziehungen liegt ein unausgesprochener Vorwurf in der Luft wie ein unsichtbares Konservierungsmittel. Niemand redet darüber, aber alle spüren ihn. Und das reicht.
Der Vorwurf stellt eine Verbindung her – negativ, aber stark. Wer spürt, dass ihm innerlich etwas vorgeworfen wird, bleibt mit dem anderen Menschen verbunden, solange dieser Vorwurf Raum bekommt.
Hier hilft keine Diskussion, keine Auseinandersetzung. Oft lassen sich diese Dinge gar nicht mehr besprechen. Aber du kannst dich innerlich klar positionieren: Diesen Vorwurf nehme ich nicht an. Und: Ich bin nicht länger bereit, mich davon festhalten zu lassen.
Nicht trotzig oder laut, sondern still und entschieden – so gelingt der Schritt in die innere Freiheit.
3. Gemeinsame schwierige Erlebnisse
Manchmal binden uns gemeinsame Erfahrungen aneinander – vor allem, wenn sie traumatisch oder sehr belastend waren. Eine Krise, ein Schicksalsschlag, ein Unfall, eine Krankheit – Dinge, die man gemeinsam durchlebt hat, verbinden tief.
Auch wenn einer der Beteiligten Täter oder Auslöser war, bleibt diese Verbindung bestehen. Und sie lässt sich nicht einfach durch Willenskraft oder Entscheidung lösen. Solche Erlebnisse graben sich tief in das Nervensystem ein. Sie brauchen Zeit – und manchmal professionelle Unterstützung, etwa durch Traumatherapie oder andere Formen innerer Arbeit.
Doch auch hier gilt: Heilung ist möglich. Und mit der Heilung wächst die Fähigkeit, sich wirklich zu lösen – auf eine Weise, die nicht Abwehr oder Verdrängung ist, sondern innere Reifung und Befreiung.
Fazit
Loslassen ist kein einfacher Akt des Wollens. Es ist ein Prozess, der mit innerer Aufarbeitung beginnt. Wer nicht loslassen kann, hat meistens gute Gründe dafür – auch wenn sie auf den ersten Blick nicht sichtbar sind.
Schuld, unausgesprochene Vorwürfe und gemeinsam erlebte Traumata schaffen unsichtbare Verbindungen, die uns binden, oft über viele Jahre hinweg.
Der Weg zur Freiheit beginnt mit dem Mut, hinzuschauen. Nicht, um zu urteilen – sondern um zu verstehen. Und wenn das gelingt, dann wird Loslassen nicht mehr zur Forderung, sondern zur Folge: einer inneren Klarheit, die dich wirklich frei macht.
Danke fürs Lesen.
Wenn dich dieser Text bewegt hat, teile ihn gern – oder schreibe mir, was dich am Loslassen hindert.