Kann ich mich beschenken lassen?
Als ich noch nicht lange im Kloster war, war es mir oftmals unangenehm: Ich bekam etwas geschenkt – und ich konnte nichts zurückschenken, weil ich ja kein eigenes Geld besaß…
Im Laufe meines Klosterlebens hat sich meine Einstellung zum Beschenkt-Werden jedoch geändert. Heute freue ich mich, wenn ich etwas geschenkt bekomme, weil ich weiß, dass der Schenkende mir gegenüber damit seine Wertschätzung ausdrücken will – ohne den Hintergedanken, dass er dafür etwas Materielles zurückerhalte.
Gerade die Beschäftigung mit der Bibel bestätigt dies.
Die Botschaft Jesu
Der Evangelist Lukas berichtet im 14. Kapitel seines Evangeliums, dass Jesus bei einem Pharisäer zum Essen eingeladen war: „Er sagte zu dem Gastgeber: Wenn du mittags oder abends ein Essen gibst, so lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich ein, und damit ist dir wieder alles vergolten. Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein. Du wirst selig sein, denn sie können es dir nicht vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.“
Tatsächlich macht Freigiebigkeit reich! Das kann man vor allem bei Kindern beobachten: Wenn ein kleines Kind etwas geschenkt bekommt, ist es glückselig und alles dreht sich, zumindest momentan, nur um dieses Geschenk. Das Kind verschwendet nicht einen Gedanken daran, wie es diese Gabe vergelten könne.
Das Leben – ein Geschenk an mich
Gerade das Kostbarste Gut, das wir besitzen – nämlich das Leben selbst – ist ein Geschenk meiner Eltern an mich. Zu diesem fundamentalen Gut gesellt sich ein zweites – nämlich die Liebe. Auch sie ist ein Geschenk meiner Eltern an mich.
Genau genommen sind Leben und Liebe, die Eltern ihren Kindern schenken, Geschenke die sie ebenfalls empfangen haben und nun in reichem Maß weitergeben.
Für den gläubigen Menschen kommen beide Geschenke von Gott. Wir Menschen empfangen diese großen Gaben und geben sie weiter an andere Menschen.
Lernen, sich beschenken zu lassen
Wem alles in den Schoß fällt oder wer alles haben will, worauf er glaubt, Anspruch zu haben, verliert etwas wesentlich Menschliches, nämlich die Fähigkeit, sich beschenken zu lassen und zu danken. Geschenke anzunehmen und dafür zu danken, das erfüllt mit Zufriedenheit und macht reich.
Wann hast Du das letzte Mal etwas geschenkt bekommen, ohne dass eine Gegenleistung erwartet wurde?
Bruder Nikolaus
Hallo
Es ist noch gar nicht so lange her, das mir jemand etwas geschenkt hat – seine Zeit.
Dieses Geschenk finde ich genauso wichtig wie die Liebe. Die geschenkte Zeit ist unbezahlbar. Doch kann ich selbst Zeit den Menschen geben, die sonst keine Person im Umfeld haben, die mit ihnen spricht, ihnen zuhört, mit ihnen schweigt, einfach nur da ist. Diese intensive Zeit bereichert auch mein Leben und ich möchte sie nicht missen.
Wie lange die Begegnung dauert , spielt dabei keine Rolle. Ich habe festgestellt, dass die kurzen Momente mich sehr berühren .
Ich wünsche allen Zeit .
metz
Liebe Metz,
das ist genauso, wie Du es beschreibst:
Begegnung bedeutet Schenken und Beschenkt-Werden!
Danke Dir für Deinen Kommentar…
Von Menschen:
Eine freundliche Bemerkung, eine Einladung zum Essen, Wohlwollen, Aufmerksamkeit, Geduld mit meinen Macken …
Liebe Heike,
bei der „Geduld mit meinen Macken“ kommt mir das sechste geistliche Werk der Barmherzigkeit „die Lästigen geduldig ertragen“ in den Sinn – wir haben ja schon letzten Samstag in Hildesheim darüber geschmunzelt…
… Teilen persönlicher Erlebnisse, Gedanken und Fragen.
und auch das!
😉
Eigentlich finde ich es um einiges schwieriger anzunehmen, wenn andere die eigenen Macken, die man (noch?) nicht ablegen kann, sehen und mehr oder weniger geduldig ertragen, als selbst die Macken anderer zu ertragen.
„Normale“ Geschenke anzunehmen fällt mir da deutlich leichter.
Ich hasse es, wenn ich etwas geschenkt bekomme weil Mann oder Frau etwas schenken muss weil z.B. Weihnachten ist oder man Geburtstag hat. Viel wichtiger finde ich es Zeit, Liebe und Verständnis zu schenken. Erst dann weiß ich, dass dem Anderen etwas an mir liegt. Das öffnet mein Herz und lässt meine Seele strahlen. Und diesen Glanz kann ich dann auch ganz einfach an den Nächsten weitergeben. Das erfüllt mich wesentlich mehr als alle materiellen Geschenke.
Lieber Matthias,
hab‘ herzlichen Dank für Deine Ergänzungen. Ja, es ist enorm wichtig, Zeit, Liebe und Verständnis zu haben und zu zeigen…