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Weitere InformationenDie Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Fast wöchentlich erreichen uns Meldungen über Klösterschließungen in Deutschland. Kleine Niederlassungen, aber auch große, traditionsreiche Abteien geben auf. Die Bewohner – oft nur noch eine Handvoll älterer Ordensleute – können die Gebäude nicht mehr erhalten. Die Kosten für Unterhalt, Renovierung und energetische Sanierung übersteigen ihre Möglichkeiten. Und so geht ein Haus nach dem anderen verloren.
Der Niedergang ist nicht zu leugnen. Immer weniger Menschen entscheiden sich für ein Leben im Orden. Nachwuchs bleibt aus, viele Gemeinschaften haben seit Jahrzehnten keine neuen Mitglieder mehr aufgenommen. Klöster schließen, Mitarbeiter verlieren ihre Arbeitsplätze, Ländereien und Besitztümer müssen aufgegeben werden. Die Klosterlandschaft Deutschlands scheint sich in ein großes Museum zu verwandeln: Gebäude mit klangvollen Namen wie „Abtei“ oder „Priorat“, die nun Kulturhäuser, Hotels oder Restaurants beherbergen. Orte, an denen einmal gebetet, gearbeitet und geschwiegen wurde, werden zu Erinnerungen – oder zu leeren Hüllen eines vergangenen Lebens.
Ist das klösterliche Leben damit am Ende?
Auf den ersten Blick: ja. Und doch glaube ich, dass es zu kurz gegriffen wäre, das Ende der äußeren Klöster mit dem Ende des klösterlichen Lebens gleichzusetzen. Denn das klösterliche Leben stirbt nicht – es wandelt sich.
Ich erlebe es immer wieder, und ich weiß von anderen Ordensleuten, dass es ihnen ähnlich geht: Menschen kommen zu uns mit einem wachen Interesse. Sie sind fasziniert von der Tiefe, der Einfachheit, dem Rhythmus des klösterlichen Alltags. Sie suchen Orientierung, Stille, Sinn – und sie wollen lernen. Aber sie wollen nicht in einem Kloster wohnen. Sie haben Partnerinnen oder Partner, Kinder, Berufe. Sie möchten nicht alle Brücken abbrechen, sondern das, was sie berührt, mitnehmen in ihren Alltag.
Und genau hier geschieht etwas Neues.
Das klassische Mönchtum mag „verdampfen“ – aber der Dampf kondensiert anderswo. Überall in unserer Gesellschaft entstehen kleine Initiativen, Lebensgemeinschaften, Bewegungen, die sich von der klösterlichen Spiritualität inspirieren lassen. Menschen leben einfacher, naturverbundener, spiritueller. Sie schließen sich Dritten Orden an oder werden Oblaten – ohne ins Kloster einzutreten, aber mit dem tiefen Wunsch, ein geistliches Leben mitten in der Welt zu führen.
Berufungen sehen heute anders aus
Vielleicht ist genau das unsere Herausforderung: zu erkennen, dass es Berufungen gibt – nur eben nicht mehr in der Form, die wir gewohnt sind. Die meisten Klöster haben diese neuen Formen bisher nicht wahrgenommen oder nicht ernst genommen. Und so ist das Mönchtum in Deutschland „verkocht“, wie man vielleicht bildhaft sagen könnte – aber es ist nicht verschwunden. Es ist eingegangen in unsere Gesellschaft.
Wenn wir das anerkennen und uns öffnen, dann ist das keine Niederlage, sondern eine Chance. Klöster könnten sich verwandeln in Orte des Austauschs, des Lernens, der spirituellen Schulung – nicht nur für jene, die alles hinter sich lassen, sondern gerade für diejenigen, die ihren Glauben, ihre Sehnsucht und ihre spirituelle Praxis mitten in Familie und Beruf leben möchten.
Diese Menschen brauchen keine Profess, keine Kutte, keine festen Gelübde – aber sie brauchen Räume. Orte, an denen sie geistlich auftanken können, an denen sie sich bilden und üben dürfen. Und ja: vielleicht auch Orte, zu denen sie immer wieder zurückkehren können, um dann gestärkt und genährt in ihr Leben zurückzugehen.
Das klösterliche Leben lebt weiter – wenn wir es lassen
Es ist Zeit, umzudenken. Zeit, die äußere Form loszulassen, um den inneren Kern zu bewahren. Wer sagt denn, dass Benediktiner nur hinter Klostermauern leben können? Dass franziskanisches Leben nur im Habit stattfinden darf?
Wenn wir bereit sind, uns zu öffnen für neue Wege, dann wird das klösterliche Leben nicht sterben. Es wird sich ausbreiten. In Wohnzimmern, in Stadtwohnungen, in kleinen Gruppen, in Herzen. Nicht weniger radikal, nicht weniger tief – aber anders.
Und wer weiß: Vielleicht werden unsere Klöster so doch nicht zu bloßen Museen. Sondern zu lebendigen Orten des Wandels.