Ein Drehknopf einer Maschine steht auf "Normal"

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Zweimal pro Woche gehe ich ins Fitnessstudio. Ich sehe sie dort, die Männer und Frauen, die hart an sich arbeiten. Mit jeder neuen Gewichtssteigerung versuchen sie, noch mehr aus ihrem Körper herauszuholen. Nicht nur für die Gesundheit, sondern für etwas anderes: einen bestimmten Eindruck. Ein Bild von sich selbst, das sie in die Welt senden wollen. Stärke. Disziplin. Ästhetik.

Natürlich gibt es auch andere. Menschen, die trainieren, um beweglich zu bleiben, ein paar Pfunde zu verlieren oder einfach fit zu bleiben. Aber bei vielen ist spürbar: Es geht nicht nur um Fitness. Es geht darum, besonders zu sein. Herauszuragen.

Dann sehe ich die anderen. Auf der Straße. Voll tätowiert, kunstvoll gestaltet, bis kaum mehr ein Fleck Haut frei ist. Körper als Leinwände. Sie senden ein klares Signal: Ich bin anders. Ich bin nicht wie die anderen.

Und schließlich lese ich von Eltern, die in den Sommermonaten Prozesse anstrengen, weil ihre Kinder eine Schulnote bekommen haben, die nicht ihren Erwartungen entspricht. Sogar bei Fächern wie Kunst, wo es doch oft gar nicht um objektive Leistung geht. Aber auch hier geht es um etwas anderes: Mein Kind ist etwas Besonderes. Und das soll gesehen werden.

Drei ganz unterschiedliche Beobachtungen. Und doch führen sie zum selben Punkt: In unserer Welt scheint es fast ein Gebot zu sein, besonders zu sein. Sich abzuheben. Wahrgenommen zu werden.

Der stille Druck, anders zu sein

Wir wollen gesehen werden. Als mehr als nur Durchschnitt. Wir wollen auffallen – durch Aussehen, Leistung, Originalität. Der Gedanke, einfach nur „einer von vielen“ zu sein, scheint unerträglich. Und wir sind sehr erfinderisch darin, uns abzuheben.

Sogar spirituell: Man kann ins Kloster gehen – auch das kann ein Weg sein, besonders zu sein. Sich anders zu kleiden, Titel zu tragen, sich abzugrenzen. Es gibt zahllose Wege, sich aus der Menge herauszuschälen.

Und doch: Was für ein Stress.

Was für eine permanente Anstrengung. Was für ein stilles, aber alles durchdringendes Gefühl von „Ich bin nur dann wertvoll, wenn ich außergewöhnlich bin“.

Aber ist das wirklich wahr?

Die Freiheit des Gewöhnlichen

Ich glaube, es ist eine große Gnade, im Laufe des Lebens zu erkennen: Ich bin ein ganz normaler Mensch.

Nicht im Sinne von „belanglos“ oder „wertlos“, sondern im besten Sinne: Ich bin einfach ich. Mit meinen Fähigkeiten, meinen Eigenarten, meinen Begrenzungen. Und das reicht. Das genügt vollkommen.

Natürlich gibt es Aspekte, in denen du außergewöhnlich bist. Talente, die du mitbringst. Begabungen, die du entfalten darfst. Und ja: Diese dürfen gesehen werden. Es geht nicht darum, sich kleinzumachen oder zu verstecken.

Aber die Wahrheit ist: Du musst nicht besonders sein.

Du musst dich nicht anstrengen, aufzufallen. Du musst nicht auffallen, um wertvoll zu sein.

Es ist völlig in Ordnung, wenn dich niemand bemerkt, wenn du auf einer Feier nicht im Mittelpunkt stehst, wenn du keine besonderen Geschichten erzählst oder besonders gekleidet bist. Es ist sogar ein Geschenk, wenn du in der Masse untergehst. Du bekommst Zeit. Raum. Freiheit. Du kannst beobachten, wirken, da sein – ohne Ablenkung durch das ständige Gesehenwerden.

Was dich wirklich besonders macht

Jeder Mensch ist einzigartig. Das stimmt. Aber diese Einzigartigkeit ist nicht immer sichtbar. Sie trägt kein Tattoo. Sie stemmt keine Gewichte. Sie klagt keine Noten an. Sie ist still.

Und sie kommt zum Vorschein, wenn du das tust, was dir wirklich entspricht.

Wenn du ins Fitnessstudio gehst, weil dein Körper Bewegung braucht – nicht weil du bewundert werden willst.
Wenn du dich tätowieren lässt, weil ein Symbol dich tief bewegt – nicht weil du auffallen willst.
Wenn du dich für dein Kind einsetzt, weil du es liebst – nicht, weil du deinen Stolz verteidigen musst.

Dann, und nur dann, wird etwas sichtbar, das wirklich besonders ist: Echtheit.

Nicht die äußere Form macht dich einzigartig. Sondern die innere Übereinstimmung mit dem, was du tust. Wenn dein Handeln ein Ausdruck deines Wesens ist – dann bist du besonders. Ganz ohne es zu wollen.

Denn davon gibt es nicht viele: Menschen, die nicht spielen. Die nicht auffallen wollen. Die einfach sind.

Eine stille Einladung

Vielleicht ist es an der Zeit, aufzuhören, besonders sein zu wollen. Und stattdessen anzufangen, einfach du selbst zu sein. Nicht aus Trotz. Nicht aus Resignation. Sondern aus Freiheit.

Du darfst dich zeigen, wenn du willst. Aber du musst es nicht. Du darfst dich zurücknehmen. Du darfst gewöhnlich sein. Du darfst dazugehören. Und genau darin liegt das Besondere.

In einer Welt, die laut „Sieh mich!“ ruft, ist es ein stiller Akt des Mutes, einfach zu sein.

Und vielleicht – ganz vielleicht – wirst du gerade dadurch zu dem Menschen, den andere wirklich sehen wollen.

David Damberg


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