tief durchatmen

Einmal tief durchatmen

Zum Glück ist es nicht sehr oft so, aber manchmal eben doch: Da passieren Dinge, die einfach nur besch… sind, Probleme, die ich gerade so gar nicht gebrauchen kann, aber noch schnell lösen soll; Menschen, die einfach gerade nerven mit dem, was sie von mir wollen. Wenn ich den Hörer aufgelegt habe, wenn die Person aus der Tür ist, dann „einmal tief durchatmen“. Das entspannt und gibt neue Kraft. Gleichzeitig erlebe ich in meiner Arbeit hier in der Praxis immer mehr Menschen, die sich so sehr wünschen, endlich einmal wieder „tief durchatmen“ zu können. Aber sie wissen nicht mehr, wie das eigentlich funktioniert. Das Atmen fühlt sich anstrengend an und viel Luft haben sie auch nicht in der Lunge, selbst wenn sie kräftig atmen. Kräftig atmen und tief atmen ist doch etwas Unterschiedliches.

Wo klemmt’s denn?

Wo klemmt’s denn? – ist immer die erste Frage, die ich mir und dann auch meinem Gegenüber stelle, wenn das Durchatmen nicht mehr klappt: Um tief durchatmen zu können, müssen sich unsere Rippen und unser Zwerchfell bewegen können. Wenn die Muskulatur zwischen den Rippen fest ist, kommt weniger Luft hinein in die Lunge. Wenn Du ein wenig sensibel geworden bist, kannst Du spüren, wo die Rippen fest geworden sind. Wenn Du die Rippen abklopfst, wird der Ton höher an den Stellen, wo die Rippen angespannt sind. Wenn Du versuchst, die Rippen an dieser Stelle durch leichtes Schütteln oder Klopfen etwas zu lockern, kannst Du spüren, wie an dieser Stelle die Atmung wieder besser in die darunterliegende Lunge einströmen kann. Und wenn Du ganz erfahren mit Deinem Körper bist, kannst Du diese Muskeln sogar nur mit einem Gedanken entspannen, Du musst gar nicht auf die Rippen klopfen.

Aufhören zu Kämpfen

Warum werden die Rippen immer wieder fest? Immer wenn wir kämpfen, können wir mit den Rippen und den Muskeln an unserem Oberkörper einen Schutzraum anlegen, einen kleinen oder auch schon etwas größeren Panzer. Die Einatemmuskulatur und die Ausatemmuskulatur spannen dabei zur gleichen Zeit an. So können wir uns verteidigen gegen Angriffe – aber wir sind nicht mehr so beweglich in der Atmung. Wer tief durchatmen will, muss aufhören zu kämpfen! Dabei müssen die allerwenigsten heute in ihrem Alltag im klassischen, körperlichen Sinn kämpfen. Viele von uns erleben aber ihrem beruflichen und auch ihrem privaten Alltag durchaus als „kämpfen“ – und die Muskeln reagieren wie in einem Boxkampf.

Neues zulassen

Die Lungenbereiche, die sich unter den festgestellten Rippen befinden, müssten wieder beweglich werden, damit sie sich mit frischer, mit neuer Luft füllen können. Das geht üblicherweise gar nicht mit mehr Kraft. Manchmal muss ich die alte Luft einfach herauslassen, vor allen Dingen muss ich die festen Muskeln loslassen können. Um tief einatmen zu können, muss ich also vor allen Dingen „lassen“ können – herauslassen und loslassen. Aber wie kann das gehen, wenn ich gerade noch genervt und verärgert bin? Dann muss ich auch im Kopf etwas herauslassen und loslassen. Und dann kann sich der Körper tatsächlich tief von Neuem füllen. Ich muss also Neues zulassen können, um tief durchatmen zu können.

Aber natürlich, im letzten ist Atmung immer individuell. Jeder erlebt seine Atmung ein wenig anders, viele haben ihre guten Erfahrungen oder hilfreichen Gewohnheiten. Und oft hilft es weiter, von den Erfahrungen anderer zu hören und zu lesen. Wenn Du also selber schöne oder auch mühsame Erfahrungen mit dem tief Durchatmen gemacht hast, freue ich mich über Deine Kommentare.

Bruder Karl-Leo


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Kommentare

  • Schöner Beitrag, !!! Danke ! ich hab auch schon die „Bistum Osnabrück Videos“ weiterverteilt…
    die sollten hier im Blog auch erwähnt werden.

    Beste Grüße am Festtag Cosmas und Damian aus Braunschweig nach Hannover !
    Raphael (Ohlms)

  • Schöner Artikel……. Ich mache oft die Erfahrung in der Hospiz und Trauerarbeit, dass es einen auch manchmal den Atem verschlägt vor Schmerz, Angst oder Sorge und das ein tiefes Atem holen der Beginn eines wunderbarer Weges sein kann, zurück in die Lebendigkeit und heraus aus der Starre zu finden. Wo wieder bewusst geatmet wird, kann sich etwas lösen, wir kommen in Bewegung…mir selbst ging s schon ganz oft so…..

  • Danke für die Rückmeldung und den wichtigen Hinweis, wie besonders Schmerz, Angst oder Sorge die Muskeln des Körpers fest machen. Im Volksmund sprechen wir ja von „von Angst und Trauer erstarrt“ ….
    Herzliche Grüße Br. Karl-Leo

  • Viel zu selten denke ich im Alltag zwischendurch daran, dass bewusstes annehmen und loslassen des Atems schon Gebet sein kann.
    Und dabei tut es so gut und geht immer.

    „Verbirgst du dein Angesicht, so erschrecken sie; nimmst du weg ihren Odem, so vergehen sie und werden wieder Staub. Du sendest aus deinen Odem, so werden sie geschaffen, und du machst neu die Gestalt der Erde.“

  • Atem und Gebet ist natürlich ein tiefes und auch ein wunderschönes Thema – ich darf ja in diesem Jahr noch einige Male über den Atem schreiben auf dieser Seite, und das habe ich mir natürlich schon vorgenommen – (wahrscheinlich aber erst im Dezember als krönenden Abschluss… Herzliche Grüße Br. Karl-Leo

  • Liebe Frau Wehmschulte, herzlichen dank für Ihre positive Rückmeldung. Warum es bei Ihren Komentaren auf unserer Facebookseite ein Problem gibt, verstehe ich auch noch nicht – versuche aber, mich da schlau zu machen. Herzliche Grüße Br. Karl-Leo Heller

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