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Morgenritual – an fünf Fingern abgezählt

Der Morgen hat es ja immer irgendwie in sich. Es gibt die Morgenmuffel, die Kaffeejunkies, es gibt die Jogger und die Langschläfer, die Lass-mich-in-Ruhe-Menschen und die Ich-rede-gerade-morgens-viel-Mitbewohner. es gibt die Teetrinker, die Müsliesser, die Brötchenfreunde und die Zeitungsleser… kaum eine Tageszeit bringt so viele Typologien hervor, in kaum einer Tageszeit werden so viele Eigenarten gelebt.
Der Morgen hat es in sich, denn er bereitet uns auf den Tag vor und auf all das, was auf uns wartet – manches wissen wir, manches bleibt Überraschung (gute oder schlechte).

Mönche lieben den Morgen

Schon die frühen Mönche wussten, dass der Morgen einen eigenen Zauber hat. Ihn völlig zu verschlafen, kam ihnen nicht in den Sinn, ganz im Gegenteil. Die meisten Mönchsväter liebten es sehr früh aufzustehen und erste Psalmen zu rezitieren, zu meditieren oder zu beten. Es ging ihnen um die Stille, die noch über der Welt liegt, das natürliche Schweigen, das man tagsüber oft vergeblich sucht und das Faszinosum, dass der Tag neu erschaffen wird, dass durch das Aufgehen der Sonne so etwas wie Neuschöpfung beobachtbar ist.

Aufwachen heißt unterscheiden

Aber noch mehr. Die Nacht vorher hat unmittelbaren Einfluss auf unseren Morgen. Mal haben wir gut, mal schlecht geschlafen. Mal tut uns der Rücken weh, dann ist der Nacken verspannt. Träume lassen uns nicht gleich los, sondern verfolgen uns – oder verzaubern uns, je nach Inhalt. Manche Menschen haben es schwer, die Nacht vom Tag zu trennen und wirklich wach zu werden. Sie bleiben irgendwie im Schlafmodus und können das eine vom anderen nicht scheiden, das Bewusste vom Unbewussten. Ja, der Tag ist Symbol für unbewusste Prozesse und Inhalte – das ist nicht erst so, seitdem wir uns mit der Psychoanalyse und der Traumdeutung auseinander setzen. Schon in den Märchen ist die Nacht immer der Ort unbekannter und zumeist gefährlicher Kräfte, die besiegt oder gewonnen werden sollen, damit der Held oder die Heldin in seiner goldenen Zukunft leben kann.

Fünf-Finger-Morgenritual

Ein entscheidender Punkt ist es, wie es uns gelingt, den Wechsel vom Schlaf zur Wachheit, von der Nacht zum Tag und von unbewussten zu bewussten Zugängen zu gestalten.
Eine kleine Hilfe möchte ich mit diesem Fünf-Finger-Morgenritual anbieten. Es sind kleine Übungen und minimale Rituale, die Dir helfen können, nicht nur den Schlaf abzuschließen, sondern Dich auch auf den Tag vorzubereiten:

  1. Daumen
    Jede Nacht ist kostbar – auch die durchwachte und schlaflose kann es sein. Den Stress macht ja nicht die Schlaflosigkeit, sondern die Abwehr dieses Zustandes. Deshalb ist es gut, dankbar zu sein für die vergangene Nacht. Insbesondere für die Träume, die eine reinigende Wirkung erzielen wollen. Der Körper konnte sich erholen, die Nerven sich beruhigen – das ist Grund genug, die Nacht wert zu schätzen und dankbar dafür zu sein.
  2. Zeigefinger

    Wer träumt sollte es sich angewöhnen, die eigenen Träume aufzuschreiben. Das hilft nicht nur, unangenehme Träume loszulassen und sich von der oft bedrückenden Atmosphäre zu befreien, sondern es hilft, den Inhalt zu verarbeiten und die Träume Deinen inneren Verarbeitungsprozessen zur Verfügung zu stellen. Allein das Aufschreiben kann Dir helfen, einen großen Nutzen aus den Träumen zu ziehen.

  3. Mittelfinger

    Wenn Du Dich danach ans geöffnete Fenster stellst und tief ein und ausatmest, dann weckst Du nicht nur Deinen Kreislauf, es ist auch wie das hereinlassen der Tageswelt ins Schlafzimmer. Die Morgenluft ist selbst in einer Stadt eine besondere. Das Atmen selbst ist wie eine fortlaufende Neuschöpfung.

  4. Ringfinger

    Mit dem Ein- und Ausatmen am Fenster ist die rituelle Wende von der Nacht zum Tag eingeläutet. Bitte nun um den Segen für den neuen Tag, um den Beistand für alles, was kommen mag, um die Begleitung durch alles Schwere.

  5. Kleiner Finger

    Und zum Schluss wendest Du Dich an Dich selber und bittest Dich: Möge ich alles an diesem Tag als Chance zu meiner Weiterentwicklung nutzen.

 

So kannst Du dem Übergang von der Nacht zum Tag eine besondere Form geben, kannst die Nacht abschließen und Dich gestärkt für den Tag öffnen.

Da bleibt mir nur zu sagen: Ich wünsche Dir einen guten Tag!

Bruder David


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Kommentare

  • Lieber Bruder David,
    das gefällt mir gut und ich werde es ausprobieren.
    Alles Gute für den heutigen Tag.
    Viele Grüße,
    Ramón Gieseler

  • Lieber Bruder David,
    alles hat mich angesprochen und ich werde es mit Freude umsetzen. Danke für diese Bereicherung.
    Viele Grüße
    Ilse Hippler

  • Lieber Bruder David,
    den Vorschlag Träume aufzuschreiben, um sie besser zu verarbeiten, werde ich umsetzen.
    Danke für den Hinweis.
    Herzliche Grüße
    Johanna Reiter

  • Morgenstund hat Gold im Mund
    Lieber Bruder David,
    was für ein schöner Impuls um den neuen Tag zu begrüßen!
    Das Recken und Strecken und Tiefdurchatmen am geöffneten Fenster und das Erbitten eines behütenden Segens gehört schon seit Langem zu meinen täglichen Morgenritualen.
    Aber die anderen drei Fingerübungen werde ich mit dazunehmen.
    Und ich nehme mir vor, früher aufzustehen, es stimmt, was Sie schreiben über den Zauber des beginneden, neuen Tages.
    Ich hoffe, es klappt (auch ohne Wecker…..)

  • Lieber David !!!
    Danke !!! Gestern habe ich diese schöne Seite entdeckt , und heute morgen habe ich dieses Ritual in mein ” Morgenprogramm ” aufgenommen . Zu meinem morgendlichen Gebet ist es eine schöne Bereicherung . Vielen lieben Dank !!!
    Liebe Grüße von Rosi aus Münster

    • Liebe Rosi, wie schön Dich hier zu finden und dass Du gleich einen meiner Artikel gelesen hast. Und danke für die Karte – ich komme sicherlich bald wieder nach Münster. David

      • Lieber David !!!
        Danke für deine Antwort !! Und , ich fände es schön , wenn du mal wieder nach Münster kommen kannst .
        Lieber Gruß Rosi
        PS . Welch schönes Ritual , des Morgens am Fenster zu stehen , und den neuen Tag begrüßen zu dürfen ……….

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